|
![]() |
22. Jahrgang / Heft 1 - Mai 2015
Themen
Kurzbeiträge
Kommentar
Leserbrief
Streiflichter
RezensionEditorialEntwarnung: Die vulkanische Spalteneruption im Holuhraun-Gebiet in Zentralisland, die am 29. August 2014 begann, fand nach sechs Monaten am 27. Februar 2015 ein unspektakuläres Ende – der Vulkan ist einfach ausgebrannt. Zur gleichen Zeit nahm die seismische Aktivität am nahegelegenen Bárðarbunga-Vulkankomplex unterhalb des Vatnajökull-Eisschildes so stark ab, dass nunmehr Ende April vom zuständigen Isländischen Meteorologischen Dienst (IMO) eine Rückstufung auf „grün“ (normal; Skala der Flugsicherung) erfolgte. Das neuentstandene Lavafeld hat eine Ausdehnung von etwa 85 km2. Verglichen mit dem Vulkanismus, der die Insel aufbaute, ist die gegenwärtige vulkanische Aktivität in Island extrem niedrig. Schließlich hat die isländische Plattform etwa eine Fläche von 300.000 km2 und eine Höhe von 2 bis 3 km. Mit den geologischen Phänomenen in Island beschäftigt sich Michael Kotulla. Im ersten Teil seines Beitrages „Island: eine Insel, zwei ‚Kontinente‘“ stellte er in der letzten Ausgabe von STUDIUM INTEGRALE JOURNAL u.a. die geologische Einzigartigkeit Islands heraus: Eine über Island verlaufende vulkano-tektonisch aktive Zone, die als divergierende Plattengrenze definiert ist; die angenommene Drift aber führte nicht zu einer Spaltung der Insel. Daran anschließend geht es in dieser Ausgabe hauptsächlich um die Deutung geologischer Prozesse im Rahmen der vorherrschenden Hypothesen von Plattentektonik und Manteldiapirismus (Aufsteigen von Magma), insbesondere in Bezug auf ihre Dynamik und Zeitläufe. Thematisiert werden Dehnung der Kruste, Bewegung von Platten und Spreizungsraten, Flutbasalte und Ausmaß der Vulkantätigkeit, Bruchzonen mittelozeanischer Rücken und ihre Entstehung, magnetische Signaturen des Meeresbodens und die Bedeutung der Streifenmuster, Perioden geomagnetischer Polaritätswechsel und subduzierte Platten im Erdmantel. Es wird dargelegt, dass es zahlreiche Indizien für schnell ablaufende (geodynamische) Prozesse in der erdgeschichtlichen Vergangenheit gibt. Auch scheint es angezeigt, trotz aller Erkenntnisfortschritte, insbesondere die Plattentektonik weiterhin „nur“ als ein geotektonisches Konzept (Hypothese) zu verstehen. Vor gut zehn Jahren schafften es Fossilien eines sehr kleinen Menschen mit ungewöhnlich geringem Gehirnvolumen in die Schlagzeilen der Wissenschafts-News. Auf der indonesischen Insel Flores waren Überreste einer ganz ungewöhnlichen menschlichen Zwergform entdeckt worden. Trotz sehr geringen Gehirnvolumens zeichneten sich diese „Hobbit-Menschen“ als intelligente Mitglieder der Gattung Homo aus, denn sie waren wahrscheinlich geschickte Jäger, beherrschten das Feuer und stellten Werkzeuge her. Der Zwergmensch, als Homo floresiensis benannt, warf einige bis dahin gültige Vorstellungen über die Variabilität des Menschen über den Haufen, und in den folgenden Jahren gab es kontroverse Diskussionen über seinen Status. Einige Forscher waren allerdings der Meinung, dass die besonderen Merkmale des Flores-Menschen durch eine Krankheit bedingt seien. Im Jahr 2014 wurden zwei fundierte Arbeiten vorgelegt, nach denen es sich bei Homo floresiensis um eine kleinwüchsige Homo sapiens-Population mit einem am Down-Syndrom erkrankten Individuum handelt. Michael Brandt erläutert die Gründe für diese Einschätzung und geht auf Kritik daran ein. Der Fall ist nicht endgültig entschieden, aber die Krankheits-Hypothese ist gut begründet und stellt eine ziemlich überraschende Wendung in der Deutungsgeschichte des „Hobbits“ dar. Dass Deutungen fossiler Funde oft unsicher und revidierbar sind, zeigt Michael Brandt auch an weiteren Beispielen aus der neueren paläontologischen Forschung über den Menschen und seine mutmaßlichen Vorfahren. In zwei Streiflichtern geht es dabei um die Deutung der Fußbeweglichkeit und um die Stärke bestimmter Muskeln im Beinbereich – wichtige Indizien für die Fortbewegungsweise (zweibeinig aufrecht oder nicht ?) . Die Fortbewegungsweise wiederum stellt ein zentrales Merkmal bei der evolutionstheoretisch motivierten Suche nach Übergangsformen zwischen Menschenaffen und Menschen dar, womit die Bedeutung dieser Befunde klar umrissen ist. In einem dritten Streiflicht zu diesem Themenkomplex geht es um ein fossiles Unterkieferbruchstück aus Äthiopien, das als ältester Beleg der Gattung Homo interpretiert wird. An dieser Hypothese gibt es berechtigte Zweifel. Die Deutung von Fossilfunden ist auch Thema eines Beitrags über die Entstehung der Säugetiere. Zu Beginn des Paläogens (Tertiärs) erscheint ziemlich abrupt eine Vielzahl von Säugetiergruppen im Fossilbericht. Nach klassischer Sicht soll das Aussterben der Dinosaurier Platz für die modernen Säuger geschaffen haben. Doch sowohl zahlreiche Fossilfunde als auch molekulare Daten sprechen mittlerweile für eine sehr viel frühere Entstehung der Säugetiere und weisen zudem systematisch einige Diskrepanzen auf. Henrik Ullrich diskutiert die Konsequenzen der wachsenden Datenfülle für evolutionstheoretische Modellierungen und regt alternative nicht-evolutionäre Deutungen der Fossildokumentation an. Auch zahlreiche weitere Themen aus der aktuellen Forschung versprechen eine spannende Lektüre. Ihre Redaktion STUDIUM INTEGRALE JOURNAL | ![]() |
![]() |
![]() ![]()
|
![]() |