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Flores-Mensch: Moderner Homo sapiens mit Down-Syndrom?

von Michael Brandt

Studium Integrale Journal
22. Jahrgang / Heft 1 - Mai 2015
Seite 30 - 34


Zusammenfassung: Auf der indonesischen Insel Flores entdeckte man 2003 Knochenüberreste, die als neue Art Homo floresiensis beschrieben wurden. Es gab aber auch Forscher, nach deren Meinung die besonderen Merkmale des Flores-Menschen durch eine Krankheit bedingt sind. 2014 wurden zwei fundierte Arbeiten vorlegt, nach denen es sich beim Homo floresiensis um eine kleinwüchsige Homo sapiens-Population mit einem am Down-Syndrom erkrankten Individuum (LB1) handelt. Eine endgültige Klärung könnte eine Genomanalyse des Flores-Menschen erbringen, aber leider sind die tropischen Klimabedingungen auf Flores für die Erhaltung von DNA sehr ungünstig.




Einleitung

Auf der indonesischen Insel Flores entdeckte man 2003 in der Liang Bua-Höhle Knochenüberreste mehrerer Individuen, die als neue Art Homo floresiensis beschrieben wurden. Die Funde wurden auf ca. 95 000-17 000 Jahre v. h. datiert.

Homo floresiensis besitzt die extremsten Merkmale, die jemals bei Menschen nachgewiesen wurden. Sie sind denen von Australopithecinen*, Großaffen und Homo erectus ähnlich oder einmalig, d. h. bisher unbekannt. Manche Wissenschaftler sprachen deshalb von der bedeutendsten anthropologischen Entdeckung der letzten 100 Jahre. Zu den besonders auffälligen Merkmalen des Flores-Menschen zählten die extrem geringe Körpergröße weit unterhalb der Körpergröße heute lebender Pygmäen (weshalb der Flores-Mensch auch als „Hobbit“ bekannt wurde) und ein extrem kleines Schädelvolumen im Bereich der Australopithecinen. Homo floresiensis soll von einer Homo prä-erectus/erectus-Population aus Afrika abstammen und nach Ankunft auf Flores eine Inselverzwergung durchgemacht haben (Übersicht Aiello 2010).

Eine Gruppe von Forschern schloss sich jedoch dieser Meinung nicht an. Ihrer Auffassung nach litt der Flores-Mensch an einer Entwicklungsstörung, wobei mikrozephaler Kleinwuchs (Martin et al. 2006a, b), Laron-Syndrom (Hershkovitz et al. 2007) und endemischer Kretinismus* (Oberndorf et al. 2008, Oxnard et al. 2010, 2012) als spezifische Erkrankungen vorgeschlagen wurden. Diese Auffassung ist jedoch bis heute nur eine Außenseitermeinung (siehe z. B. den deutschen und englischen Artikel zu Homo floresiensis in Wikipedia, Stand 25.8.2014).

Als Hauptargument gegen eine krankheitsbedingte Ursache der besonderen Merkmale des Flores-Menschen wurde vorgebracht, dass nicht eine ganze Population an solch einer Krankheit leiden könne (siehe Eckhardt et al. 2014). Dieses Argument überzeugte auch den Autor dieses Beitrages von der neuen Art Homo floresiensis. Sind die Argumente der Befürworter der neuen Spezies aber wirklich stichhaltig?

In zwei neuen umfangreichen detaillierten Arbeiten in der Fachzeitschrift PNAS ziehen Wissenschaftler unter Führung von Robert B. Eckhardt und Maciej Henneberg die Hypothese, dass der Flores-Mensch eine eigene Art sei (Spezies-Hypothese), massiv in Zweifel (Eckhardt et al. 2014, Henneberg et al. 2014). Die Forscher arbeiten die Kontroverse um den Flores-Menschen von Beginn im Jahr 2004 auf, gehen auf alle wesentlichen vorgebrachten Argumente ein und geben darüber hinaus interessante Einblicke in Hintergründe der Erforschungsgeschichte des Flores-Menschen, die sehr nachdenklich stimmen.

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Flores-Mensch (LB1) mit typischen Merkmalen des Down-Syndroms
Abb. 1: Das Teilskelett LB1 des Flores-Menschen. Das Individuum LB1 ist die Grund­lage für die Definition und Benennung der postulierten Art Homo floresiensis.(© William Jungers, Stony Brook University)

Die Beschreibung der neuen Art Homo floresiensis basiert nahezu ausschließlich auf dem Teilskelett LB (Liang Bua) 1 (Abb. 1). Homo floresiensis soll nach erster Schätzung ein Schädelvolumen von nur 380 cm3 und eine Körpergröße von nur 106 cm gehabt haben. Beide Werte sind Schlüsselmerkmale, sie wurden aber zu niedrig ermittelt. In der Vergangenheit haben verschiedene Autoren die beiden Größen schon nach oben korrigiert. Die Forscher um Eckhardt und Henneberg ermittelten für LB1 ein Schädelvolumen von 430 cm3. Dabei maßen sie zum ersten Mal den Stirn-Hinterhaupts-Umfang des Schädels LB1 und konnten nachweisen, dass es sich um einen mikrozephalen (krankhaft kleinen) Schädel handelt. Die Extremitäten, insbesondere die Oberschenkelknochen von LB1 sind abnorm kurz (und nicht die Füße extrem lang wie behauptet) und deshalb für eine Größenbestimmung nicht geeignet. Nimmt man die durchschnittliche Körpergröße einer Homo sapiens-Population als Grundlage, von der das entwicklungsmäßig beeinträchtigte Individuum LB1 wahrscheinlich abstammt, dann betrug seine Körpergröße nicht 106 cm, sondern 126-146 cm (Differenz zur Hälfte durch Korrektur der abnorm kurzen unteren Extremitäten und der restliche Unterschied durch die Verwendung von realistischeren Regressionsgleichungen regionaler Populationen bedingt). Die durchschnittliche Körpergröße der anderen Individuen der Liang Bua-Höhle beträgt 126 cm. Der Flores-Mensch liegt damit innerhalb der Variationsbreite moderner kleinwüchsiger Populationen Australomelanesiens. Damit entfällt die Notwendigkeit der postulierten Inselverzwergung des Flores-Menschen. Es wäre auch die erste bekanntgewordene Inselverzwergung von Menschen.

Die breiten Beckenschaufeln und die kurzen Oberschenkelknochen sind typische Merkmale für eine Entwicklungsstörung im Rahmen des Down-Syndroms (Trisomie 21).

Darüber hinaus gibt es aber auch keine plausiblen geologischen und biogeografischen Hinweise für die Annahme einer Isolation irgendeiner Population auf Flores, die für die Herausbildung einer neuen Art ausreichend lang gewesen wäre. Der zeitweise geringe Meeresspiegel führte zu kurzen Entfernungen zwischen den Inseln und dem Festland und es gibt Argumente für wiederholte Kontakte und Besiedlungen von Flores durch Menschen von nördlich und westlich gelegenen größeren Landgebieten während der Eiszeit (Henneberg et al. 2014).

Die breiten Beckenschaufeln und die kurzen Oberschenkelknochen von LB1 sind typische Merkmale für eine Entwicklungsstörung, wie sie im Rahmen des Down-Syndroms (Trisomie 21) auftreten. Es existieren aber zahlreiche weitere Merkmale bei LB1, die typisch für diese Entwicklungsstörung sind. Dazu gehören eine atlanto-occipitale Deformation, kleine oder fehlende Nasennebenhöhlen, eine Micrognathie (unterentwickeltes Kinn), Plattfüße, eine Brachycephalie (Rundköpfigkeit), verbreiterte Beckenschaufeln1 (Abb. 2, vgl. mit Abb. 1) und ein kleines Kleinhirn (cerebellare Hypoplasie). Insgesamt zeigt die Untersuchung der Forscher um Henneberg und Eckhardt, dass keine Merkmale von LB1 einmalig sind. Alle vom modernen Menschen abweichenden Merkmale sind krankheitsbedingt. LB1 zeigt viele Anzeichen eines missgebildeten Individuums eines modernen Homo sapiens, wie er heute im australomelanesischen Raum auf den Andaman-Inseln, Palau und auch Flores vorkommt. Die Knochenüberreste der anderen Individuen der Liang Bua-Höhle zeigen im Gegensatz zu LB1 keine eindeutig pathologischen Merkmale, wobei ihre starke Fragmentierung eine Beurteilung erschwert (Henneberg et al. 2014, siehe auch Eckhardt et al. 2014). Lediglich bei drei nicht LB1 zugehörigen Handknochenelementen sind noch nicht alle Fragen geklärt. Die Forscher um Henneberg und Eckhardt kritisieren jedoch mit Recht die methodische Qualität der bisherigen Untersuchungen der Handknochenelemente aus der Liang Bua-Höhle und die gewonnenen Schlüsse. An dieser Stelle muss betont werden, dass eine neue Menschen-Art noch nie auf der Basis von Handknochenelementen aufgestellt wurde (Eckhardt et al. 2014, Henneberg et al. 2014).

Abb. 2: Links: Röntgenbild des Beckens eines Menschen mit Down-Syndrom (mit freundlicher Genehmigung von LearningRadiology.com). Rechts: Becken von Australopithecus africanus (Stw 14) (aus Kibii et al. 2011). Das Becken des Flores-Menschen (siehe Abb. 1) ähnelt mit den seitlich ausladenden Darmbeinschaufeln („flaring ilia“) dem Becken von Menschen mit Down-Syndrom und dem Becken von Australo­pithecinen (siehe auch Fußnote 1).

Auch wenn vom modernen Homo sapiens abweichende Merkmale an anderen Individuen der Liang Bua-Höhle gefunden werden, ist die Diskussion nicht zugunsten der Vertreter der Spezies-Hypothese des Flores-Menschen entschieden, wie behauptet wurde. Die Existenz von mehr als einem Individuum mit pathologischen Merkmalen des Down-Syndroms an einem Fundplatz ist zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht auszuschließen, denn beim Down-Syndrom sind familiäre Häufungen bekannt (Henneberg et al. 2014).

Wenn es sich beim Flores-Menschen nicht um eine archaische neue Menschen-Art handelt, entfällt die Suche nach archaischen Vorfahren in Afrika und ihr Weg nach Flores. Bisher gab es dazu auch keine überzeugenden Hypothesen. Es existieren keine Hinweise auf vorhergehende Populationen mit den vermeintlichen einmaligen Merkmalen des Flores-Menschen irgendwo zwischen einem hypothetischen Ursprung in Afrika und irgendwo entlang einer Route durch die Sunda-Region oder woanders nach Flores. In Abwesenheit von Hinweisen auf eine Entstehung sowohl in situ (an Ort und Stelle) auf der Insel Flores als auch auf die Ausbreitung einer Population mit solchen Merkmalen von anderswo, ist die Deutung der ungewöhnlichen Merkmale von LB1 im Rahmen einer Entwicklungsstörung wahrscheinlicher als im Rahmen der Ausbildung einer neuen Menschen-Art (Henneberg et al. 2014).

Australopithecinen: „südliche Affen“, vielgestaltige Gruppe ausgestorbener Lebewesen mit vielen großaffenähnlichen Merkmalen, die im Evolutionsmodell als „Vormenschen“ oder „Affenmenschen“ und im Schöpfungsmodell als ausgestorbene Großaffen gedeutet werden. Endemischer Kretinismus: örtlich begrenzt gehäuft auftretende Schilddrüsenunterfunktion.

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Skandalöse Forschungshintergründe

Seit 2004 haben Forscher beständig die Auffassung vertreten, dass LB1 ein Individuum einer regionalen Homo sapiens-Population ist, das Merkmale einer Entwicklungsanomalie zeigt. Henneberg und Eckhardt hatten im Februar 2005 kurzzeitigen Zugang zu den Originalfossilien. Als Ergebnis dieser Studien verfassten die Forscher eine sehr kurze Arbeit, in der sie verschiedene Beobachtungsfehler sowie Fehler bei den Beschreibungen und Interpretationen von LB1 auflisteten, und reichten sie als Manuskript zur Publikation bei Nature ein. (Der erste Bericht über die neue Art Homo floresiensis wurde in Nature 2004 von Brown et al. publiziert.) Nach einer Rücksprache mit Peter Brown lehnte Nature die Publikation der Arbeit ab. Als ein Ergebnis des Begutachtungsprozesses wurden das nicht publizierte Manuskript und die Gutachterkommentare einem anderen Hauptbefürworter der Spezies-Hypothese und Mitautor der Erstpublikation über den Flores-Menschen, Michael Morwood, zur Verfügung gestellt. Morwood verwendete das nichtpublizierte Manuskript und die Gutachterkommentare ohne Wissen und Erlaubnis von Henneberg und Eckhardt dann in dem späteren Buch A New Human. Morwood und van Oosterzee machten in dem Buch die Verletzung der Schweigepflicht der an einem professionellen Begutachtungsprozess teilnehmenden Wissenschaftler auf S. 228 und 229 ungeniert publik: „Mitte März reichten Jacob und sein Team einen kurzen Artikel bei Nature unter dem Titel ‚Große Fehler bei der Beschreibung eines kleinen Menschen‘ ein. In dem Artikel führten sie richtig aus, dass die Fotografie des beschriebenen Femurs von LB1 verkehrt war, denn der nahezu komplette Femur stammt von der linken und nicht von der rechten Seite, wie wir geschrieben hatten. Keine ihrer anderen Kritiken war substantiell und einige waren irreführend ... Sie schlussfolgerten wieder, dass LB1 pathologisch ist. ... Einer der Gutachter sagte, dass die Arbeit von Jacob et al. keinen wirklichen Gehalt hat. Sie machen ein ‚Fange‘spiel [game of „gotcha“] und Nature oder irgendeine andere seriöse Fachzeitschrift sollten über solch einem Verhalten stehen. Die anderen Gutachter beanstandeten mit Nachdruck, dass das Material in Verwahrung genommen wurde, bevor das Ausgrabungsteam die Möglichkeit hatte, es zu studieren und empfahlen die Arbeit abzulehnen – was dann auch geschah.“

Folge dieser Ablehnung war die Verhinderung einer Publikation in den ersten Monaten der wissenschaftlichen Kontroverse, die die Validität der neuen Art mit starken Argumenten in Frage stellte. Diese Verzögerung wurde ein Jahr später teilweise (Jacob et al. 2006) und nahezu eine Dekade später vollständig von den Autoren behoben (Henneberg et al. 2014).2

Wie bereits erwähnt hatten Henneberg und Eckhardt die Möglichkeit, die Originalknochen im Februar 2005 zu studieren. Leider konnte dies nur kurz geschehen, weil Teuku Jacob die Knochen aus der Liang Bua-Höhle zum Indonesischen Nationalen Archäologischen Forschungszentrum rasch zurückbringen musste. Danach hatten beide Wissenschaftler (und die meisten anderen qualifizierten Forscher) keinen weiteren Zugang zu den Originalknochen oder Abgüssen (!), wobei wiederholte Auskunftsersuchen ignoriert oder abgelehnt wurden. Die verfügbaren Daten zu LB1 reichen aber für Zweifel an der Art-Hypothese des Flores-Menschen aus (Eckhardt et al. 2014).

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Zusammenfassung

Auf der indonesischen Insel Flores wurden in der Liang Bua-Höhle 2003 Knochenüberreste entdeckt, die zur Aufstellung der neuen Art Homo floresiensis führten. Der Flores-Mensch soll ein Zwergenmensch mit nur 106 cm Körpergröße gewesen sein und eine Gehirngröße im Bereich von Australopithecus gehabt haben. Eine Forschergruppe war jedoch von Anfang an der Meinung, dass es sich beim Flores-Menschen um eine kleinwüchsige Homo sapiens-Population handelt, wobei das die neue Spezies begründende Skelett LB1 nicht Merkmale einer neuen Art, sondern einer Erkrankung aufweist. Diese Auffassung blieb eine Außenseitermeinung. Die Forschungen dieser Wissenschaftler wurden erheblich behindert, indem ihnen der Zugang zu den Originalfossilien und selbst zu Abgüssen verwehrt und eine frühe fundierte Gegendarstellung in Nature, in der die Spezies-Hypothese der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zum ersten Mal vorgestellt wurde, mit nicht qualifizierten Begründungen abgelehnt wurde.

Forscher um Henneberg und Eckhardt haben anhand der zugänglichen Informationen gute Argumente für die These vorgelegt, dass die vom normalen modernen Homo sapiens abweichenden Merkmale von LB1 keine Merkmale einer neuen Menschen-Art sind, sondern eher auf ein Down-Syndrom (Trisomie 21) hinweisen. Der Flores-Mensch war nicht so klein wie ursprünglich vermutet, sondern seine Körpergröße lag wahrscheinlich im unteren Variationsbereich heute lebender Menschen. Eher als eine eigene Menschen-Art repräsentieren die spätpleistozänen Flores-Menschen nach den neuen Forschungsergebnissen eine kleinwüchsige moderne Homo sapiens-Population, wie sie auch heute noch im australomelanesischen Raum vorkommt, mit einem Individuum, das vermutlich am Down-Syndrom litt.

Westaway et al. (2015) haben in einer Entgegnung auf Henneberg et al. (2014) und Eckhardt et al. (2014) Merkmale der Unterkiefer LB 1 und LB 6 aus der Liang Bua-Höhle angeführt, die der moderne Homo sapiens nicht aufweist und deshalb nur mit der Hypothese einer neuen Art vereinbar seien. Dazu gehören ein fehlendes Kinn, ein weiter Sulcus retromolaris, eine innere Verstärkung der Unterkiefersymphyse und die Zahnwurzelmorphologie. Westaway et al. (2015) lassen Hinweise auf das Fehlen eines Kinnes nicht nur bei archaischen, sondern auch bei modernen Menschen nicht gelten. Bei vielen lebenden Rampasasa-Pygmäen aus West-Flores3 (Eckhardt et al. 2014) und kleinwüchsigen Menschen aus Palau, Mikronesien, deren Skelettüberreste auf ca. 2.900 bis 1.400 Jahre datiert werden (Berger et al. 2008) fehlt aber nachweislich ein Kinn. Aber nicht nur das fehlende Kinn, sondern auch die anderen von Westaway et al. (2015) angeführten Merkmale des Flores-Menschen finden sich nach Eckhardt et al. (2015) auch beim modernen Homo sapiens. Man darf gespannt sein, ob die Vertreter der Spezies-Hypothese stichhaltige Argumente gegen die neue Hypothese vorbringen können. Eine endgültige Klärung des Status des Flores-Menschen könnte eine Genomanalyse erbringen, aber leider sind die tropischen Klimabedingungen auf Flores für die Erhaltung von DNA sehr ungünstig. Es besteht deshalb wenig Hoffnung, das Problem auf diesem Wege zu klären.4

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Anmerkungen

1 Der Flores-Mensch besitzt nach Brown et al. (2004) deutlich zu den Seiten aufgeweitete Darmbeinschaufeln („ilium has marked lateral flare“). Nach Leslie Aiello ähnelt das Becken des Flores-Menschen, das deutlich weiter als das Becken des modernen Menschen ist, dem Becken eines Australopithecinen („The pelvis is virtually identical to that of an australopithecine“) (Balter 2004).

2 Man kann spekulieren, ob die Diskussion um den Flores-Menschen ohne die Verhinderung der frühen Entgegnung auf die Arbeit von Brown et al. (2004) in Nature einen anderen Verlauf genommen hätte.

3 http://liangbuacave.org/2014/12/19/rampasasa-mandibles/ (Zugriff am 1.2.2015)

4 http://www.mpg.de/6332779/denisova_genom (Zugriff am 29. 12. 2014)

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Literatur

Aiello LC (2010)
Five years of Homo floresiensis. Am. J. Phys. Anthrop. 142, 142-179.
Balter M (2004)
Skeptics question whether Flores hominid is a new species. Nature 306, 1116.
Brown P, Sutikna T, Morwood MJ, Soejono RP, Jatmiko, Wayhu Saptomo E & Rokus Awe Due (2004)
A new small-bodied hominin from the Late Pleistocene of Flores, Indonesia. Nature 431, 1055-1061.
Eckhardt RB, Henneberg M, Weller AS & Hsü KJ (2014)
Rare events in earth history include the LB1 human skeleton from Flores, Indonesia, as a developmental singularity, not a unique taxon. Proc. Natl. Acad. Sci. 111, 11961-11966.
Eckhardt RB, Henneberg M, Chavanaves S, Weller AS & Hsü KJ (2015)
Reply to Westaway et al.: Mandibular misrepresentations fail to support the invalid species Homo floresiensis. Proc. Natl. Acad. Sci. 112, E606.
Henneberg M, Eckhardt RB, Chavanaves S & Hsü KJ (2014)
Evolved developmental homeostasis disturbed in LB1 from Flores, Indonesia, denotes Down syndrome and not diagnostic traits of the invalid species Homo floresiensis. Proc. Natl. Acad. Sci. 111, 11967-11972.
Hershkovitz I, Kornreich L & Laron Z (2007)
Comparative skeletal features between Homo floresiensis and patients with primary growth hormone insensitivity (Laron Syndrom). Am. J. Phys. Anthrop. 134, 198-208.
Jacob T, Indriati E, Soejono RP, Hsü K, Frayer DW, Eckhardt RB, Kuperavage AJ, Thorne A & Henneberg M (2006)
Pygmoid Australomelanesian Homo sapiens skeletal remains from Liang Bua, Flores: Population affinities and pathological abnormalities. Proc. Natl. Acad. Sci. 103, 13421-13426.
Kibii JM, Churchill SE, Schmid P, Carlson KJ, Reed ND, de Ruiter DJ & Berger LR (2011)
A partial pelvis of Australopithecus sediba. Science 333, 1407-1411.
Martin RD, MacLarnon AM, Phillips JL, Dussubieux L, Williams PR & Dobyns WB (2006a)
Comment on “The Brain of LB1, Homo floresiensis”. Science 312, 999, author reply 999.
Martin RD, MacLarnon AM, Phillips JL & Dobyns WB (2006b)
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Are the small human-like fossils found on Flores human endemic cretins? Proc. Biol. Sci. 275, 1287-1296.
Oxnard C, Obendorf PJ, Kefford BJ (2010)
Post-cranial skeletons of hypothyroid cretins show a similar anatomical mosaic as Homo floresiensis. PLoS ONE 5:e13018.
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Westaway MC, Durband AC, Croves CP & Collard M (2015)
Mandibular evidence supports Homo floresiensis as a distinct species. Proc. Natl. Acad. Sci. 112, E604-605


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