Beobachtungen
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Abb. 2: Röntgen-Filamente, die von Markarian 205(Mitte) ausgehen und bei zwei Quasaren mit z=0.46 und z=0.63 enden. Der dritte Quasar befindet sich ebenfalls auf dem Filament und ist durchden Rotverschiebungswert z=1.259 angegeben. (Aus ARP 1998, Fig. 1-7) |
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Es gibt Argumente dafür, daß mindestens ein Teil der beobachteten Rotverschiebung extragalaktischer Objekte nicht kosmologisch bedingt ist. Sie wird in diesen Fällen als eine Eigenschaft des Objekts selbst betrachtet und als „intrinsisch“ oder „anomal“ (BURBIDGE 1996; NAPIER 2003) bezeichnet. Argumente für nicht-kosmologische Rotverschiebungen kommen aus drei Richtungen:
- Physikalische Assoziationen zwischen Paaren oder kleinen Gruppen von Objekten mit sehr verschiedenen Rotverschiebungen.
- Statistische Untersuchungen mit dem Ergebnis, daß eine Objektklasse mit einer anderen in Beziehung zu setzen ist, obwohl sie völlig verschiedene Rotverschiebungen aufweisen.
- Periodische Häufungen in den gemessenen Werten der Rotverschiebung, die im Sinne des Standardmodells nicht verstanden werden können.
Assoziationen zwischen Quasaren und Galaxien mit verschiedenen Rotverschiebungen
Welche Argumente sprechen dafür, daß Quasare mit Galaxien tieferer Rotverschiebung assoziiert sind? Im folgenden wird dazu eine kritische Sichtung geboten.
• Es gibt sehr eindrückliche Beispiele dafür, daß Quasare mit Galaxien verschiedener Rotverschiebung durch Filamente und „Lichtbrücken“ verbunden scheinen. Vor allem Halton ARP (1987; 1998) war und ist sehr darum bemüht, Beispiele solcher Anordnungen zu finden und zu analysieren. Aber auch einige andere Astronomen sind daran interessiert wie z.B. Jack SULENTIC oder Margaret BURBIDGE. ARP (1998) stellt in seinem Buch etwa 10 Beispiele solcher Assoziationen zusammen, bei welchen die Wahrscheinlichkeit für eine zufällige Anordnung der beteiligten Objekte als verschwindend gering angegeben wird.4 Eine z.T. andere Zusammenstellung von Beispielen wird z.B. von HOYLE & BURBIDGE (1996) diskutiert und weitere bemerkenswerte Beispiele werden von LOPEZCOR-REDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) erwähnt. Wenn es auch nicht einfach ist, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer solchen Konstellation von Objekten verschiedener Rotverschiebung anzugeben, so findet man darunter doch auch Beispiele, wo man die Assoziationen eigentlich direkt „von Auge“ sehen kann. Ein berühmtes Beispiel ist die Seyfert-Galaxie* Markarian 20, die auf beiden Seiten Filamente aus Röntgenstrahlen aufweist, die zu drei Quasaren führen, die so schön auf die Filamente passen wie die Teile eines Puzzles (Abb. 2). Es fällt schwer zu glauben, daß es sich dabei um eine lediglich zufällige Anordnung handelt. Zudem ist interessant, daß Markarian 205 selbst mit der zerrütteten Galaxie NGC 4319 durch eine „Lichtbrücke“ verbunden ist (s.u.) (ARP 1987, 31f.; 1998, 18f.). LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) schreiben zu solchen Beispielen: „Einige von ihnen können bloß glückliche Fälle sein, wo Hintergrundobjekte nahe zu Vordergrundgalaxien fallen, obwohl die statistischen Mittelwertkorrelationen zu klären bleiben, und einige Fälle alleine sehr kleine Wahrscheinlichkeiten haben, Projektionen von Hintergrundobjekten zu sein.“
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„Die beobachteten Resultate zwingen zu der Schlußfolgerung, daß es intrinsische, nicht-kosmologische Rotverschiebung gibt und in irgendeiner Weise erklärt werden muß.“ |
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• Es gibt zahlreiche statistische Analysen, die Quasare mit Vordergrundgalaxien in Beziehung setzen. Eine Übersicht über die Diskussion findet man bei BURBIDGE (1996). Z.B analysierten ZHU & CHU (1995) die Quasare in der Region des Virgo-Haufens* und konnten eine Korrelation von Quasaren mit Galaxien des Virgo-Haufens nachweisen. Die 178 Quasare fallen offensichtlich näher zu Galaxien des Virgo-Haufens als durch Zufall erwartet, aber nicht zu Hintergrundgalaxien.5 ARP (1998, 129) bemerkt dazu, daß sie sich jedoch nicht so nahe kommen, daß sie durch Gravitationslinsen* erklärt werden könnten. BURBIDGE (1996) faßt seine Sichtweise über den ersten und zweiten Punkt mit den Worten zusammen: „...die beobachteten Resultate zwingen uns zu der Schlußfolgerung, daß es intrinsische, nicht-kosmologische Rotverschiebung gibt und in irgendeiner Weise erklärt werden muß. Der einzige Ausweg ist, die ganze statistische, morphologische und physikalische Evidenz, die hier diskutiert und über die während vieler Jahre berichtet wurde, einer erstaunlichen Anzahl von unkorrelierten Zufällen zuzuschreiben.“
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Abb. 3a: Drei Hubble-Diagramme (Rotverschiebung gegen scheinbare Helligkeit, jeweils mit entsprechender Skalierung).
a) Hubble-Diagramm für Haufen von Galaxien, gemessen von Allan SANDAGE. Eine lineare Beziehung ist zu erkennen. (Aus ARP 1998, Fig. 9-2, verändert) |
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Abb. 3b: Hubble-Diagromm von 252 Quasaren. Die durchgezogenen Linie ist die Ausgleichsgerade, die gestrichelte Linie stellt die Modellvorhersage im Fall der kosmologischen Deutung dar. Ein linearer Zusammenhang ist von Auge jedoch gar nicht erkennbar. (Aus Thakur & Sapre 1978, Astrophysics and Space Science 57, 119-139, Fig. 1, © Kluwer Academic Publishers) |
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Abb. 3c: Hubble-Diagramm aller Abell-Haufen mit gemessenen Rotverschiebungen aus einem großen Gebiet nördlich von CenA. Sie passen nicht gut in eine lineare Beziehung. (Aus Arp 1998, Fig. 6-14) |
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• Trägt man die Anzahl der hellsten, nahen Galaxien als Funktion der scheinbaren Helligkeit auf einem Diagramm auf und macht dasselbe für Quasare mit einer Rotverschiebung zwischen 0.5 < z < 1.0, so findet man praktisch identische Kurven, falls man die Helligkeit der Quasare systematisch um etwa 10 Magnituden verschiebt, d. h. der Verlauf der Kurven ist fast derselbe, aber die Quasare weisen systematisch viel kleinere scheinbare Helligkeiten auf. Für Quasare mit 1.0 < z < 1.5 findet man dasselbe Resultat, wenn die systematische Verschiebung größer ist (ARP 1998, 170f.). Die Übereinstimmungen der Kurven sind starke Argumente, daß Quasare tatsächlich mit nahen hellen Galaxien assoziiert sind.
• Es gibt auch einige wenige Konstellationen, wo Quasare verschiedener Rotverschiebung gepaart auftreten (SLUSE et al. 2003). Die Anzahl solcher Paare ist mit lediglich vier gegenüber den anderen Arten von Assoziationen (s.o.) eher gering, aber dennoch nennenswert. Auch in diesem Fall ist nicht klar, ob Gravitationslinsen eine angemessene Erklärung sein könnten. SLUSE et al. (2003) diskutieren diesen Aspekt und sprechen sich eher dagegen aus.
Zusätzlich zu diesen Argumenten läßt sich eine Reihe weiterer Aussagen über die genannten Assoziationen machen. So nimmt nach statistischen Untersuchungen der Winkelabstand zwischen Quasaren und Galaxien mit zunehmender Rotverschiebung ab, was im Falle der Echtheit der Assoziationen auch erwartet wird. Außerdem hängt die absolute Helligkeit der Quasare vom Winkelabstand zur Galaxie ab (BURBIDGE 1996).
Trotz dieser Argumente sind viele Astronomen nicht der Ansicht, daß es so etwas wie intrinsische Rotverschiebung gebe. Die Argumente dafür wurden jedoch nicht entkräftet, sondern ignoriert. BURBIDGE (1988) äußerte sich darüber: „Die Allgemeinheit der Astronomen ist völlig polarisiert durch diese Auseinandersetzung. Die meisten wollen nichts darüber hören. Die ausgeprägt Ungläubigen sagen, daß jene, die sie vorschlagen oder an diese Hypothese glauben, naiv sind, mißverstanden, unkundig in Bezug auf Statistiken, übereifrig oder schlimmer.“ Diese Situation hat sich bis heute nicht geändert. So schreiben LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004): „Obwohl überraschenderweise bei der Mehrheit der astronomischen Allgemeinheit ignoriert, gibt es zunehmend Evidenz durch Beispiele solcher Anomalien.“
Skepsis ist jedoch bis zu einem gewissen Grad durchaus berechtigt. So gibt es auch Befunde, die für die kosmologische Deutung sprechen. Sie sollen im Folgenden zusammengestellt werden:
• Die bekannten Hubble-Diagramme, auf denen die Rotverschiebung von Objekten gegen die scheinbare Helligkeit aufgetragen wird und ein stetiger Zusammenhang festgestellt wird, sind starke Argumente, daß für die meisten Galaxien der Hauptbeitrag der Rotverschiebung tatsächlich kosmologisch bedingt ist (Abb. 3a).
Hierzu muß jedoch angemerkt werden, daß nicht nur das Standardmodell die Hubble-Diagramme erklären kann. Denn die Befürworter der anomalen Rotverschiebung bemühen sich nicht nur um das Etablieren eines neuen Effekts, sondern auch um seine Einordnung in einen Theorienrahmen eines Modells. Dabei gibt es schon recht konkrete Vorstellungen darüber, wie eine mögliche Alternative aussehen könnte. Eine solche wurde von HOYLE, BURBIDGEund NARLIKAR(1996) entworfen6, trägt den Namen „Quasi-steady-state-cosmology“ (QSSC*) und knüpft an die Idee des klassischen Steady State-Modells aus den 50er Jahren an. ARP (1998) hingegen vertritt noch einmal ein anderes Modell, welches aber dem QSSC näher kommt als der Standardkosmologie. Beide Modelle haben gemeinsam, daß Quasare entstehen, indem sie von Galaxien emittiert (herausgeschleudert) werden und eine intrinsische Rotverschiebungskomponente aufweisen. Es würde zu weit führen, diese Modelle weiter zu diskutieren, jedoch beanspruchen beide, die Hubble-Diagramme ebenfalls deuten zu können.
Weiter soll an dieser Stelle angemerkt werden, daß gerade Quasare nicht sehr gut in typische Hubble-Diagramme passen, d.h. keine erkennbar lineare Beziehung aufweisen, sondern eher balkenförmig angeordnet sind (THAKUR & SAPRE 1978). Dennoch wird in der entsprechenden Arbeit durch einen linearen Ausgleich eine entsprechend lineare Beziehung angegeben, die aber nicht ins Auge fällt (Abb. 3b).7 ARP bemerkt zudem (1998, 153f.), daß sogenannte Abell-Haufen* ebenfalls nicht gut in Hubble-Diagramme passen (Abb. 3c). In einer weiteren Arbeit (ARP 2002) kritisiert er sogar Hubble-Diagramme relativ naher Galaxien, indem er darlegt, daß der Zusammenhang nicht-linear sei und die Hubble-Konstante mit größerer Rotverschiebung offensichtlich zunehme. Alle diese Aspekte werden in einer weiteren Arbeit zu erörtern sein.
• Viele Quasare relativ niedriger Rotverschiebung sind von einem verschwommenen, lichtschwachen Halo (engl. fuzz) umgeben, der als Hinweis auf eine Wirtsgalaxie gedeutet wird. Nach dieser Deutung wären also Quasare die hellen Kerne weit entfernter Galaxien.
Im Rahmen der QSSC kann dieser Befund mittlerweile jedoch auch verstanden werden. So wurde festgestellt (BURBIDGE 1996), daß nicht alle Quasare von einem solchen Halo umgeben sind. In Fällen, wo der Quasar von der Galaxie emittiert wurde, ist ein solcher Halo nicht zu erwarten, und bei Quasaren, die mit Galaxien assoziiert sind (s.o.), kann er auch nicht beobachtet werden.
• Gravitationslinsen werden angeführt, um den Befund zu entkräften, wonach Quasare statistisch mit nahen Galaxien assoziiert seien. Zudem liefert jeder Quasar, der eindeutig durch eine Gravitationslinse sichtbar wird, einen guten Beleg, daß er sich tatsächlich in großer Entfernung befindet.
Wie bereits angedeutet wird dieser Aspekt immer noch sehr kontrovers diskutiert (SLUSE 2003). ARP (1998, 169f.) hat diesem Thema in seinem Buch ein ganzes Kapitel gewidmet und einige Einwände gegen Gravitationslinsen zusammengetragen. Einer der stärksten Einwände (siehe auch BURBIDGE 1996) ist, daß nach Berechnungen für die notwendige Häufigkeit der Linsenereignisse ein steiler Anstieg der Anzahl der Quasare mit niedriger scheinbarer Helligkeit erwartet wird. Die Kurve flacht jedoch deutlich ab.
• Es gibt statistische Evidenz, daß auch Quasare mit niedrigerer Rotverschiebung mit Galaxien derselben Rotverschiebung assoziiert sind, was für ihre kosmologische Deutung spricht. Eine entsprechende Studie wurde vor einiger Zeit z.B. von STOCKTON (1978) durchgeführt.
Allerdings sind solche Untersuchungen im Gegensatz zu den anderen, die für die intrinsische Rotverschiebung sprechen, sehr selten. BURBIDGE (1996) erkennt sie aber an und wertet sie als einen Hinweis, daß es tatsächlich Quasare mit einem sehr kleinem Anteil an intrinsischer Rotverschiebung gibt. Denn wenn wir annehmen, daß gewöhnliche Galaxien keine intrinsische Rotverschiebung haben, d.h. ihre gesamte Rotverschiebung kosmologisch bedingt ist, und sich Quasare derselben Rotverschiebung in gleicher Distanz befinden, können auch die Quasare keinen großen Anteil intrinsischer Rotverschiebung aufweisen.
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Abb. 4a: Markarian 205 ist unterhalb der zerrütteten Galaxie NGC 4319. Die Lichtbrücke ist schwach erkennbar. |
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• Weiter werden die statistischen Methoden und Berechnungen der Wahrscheinlichkeiten kritisiert. So konnten z.B. NEWMAN & TERZIAN (1995) zeigen, daß ARP in einer seiner Rechnungen8 eine sehr kleine statistische Wahrscheinlichkeit erhalten hat, weil er ein gewisses dynamisches Verhalten des Systems angenommen hat. NEWMAN macht eine andere Annahme9, womit das Ereignis auf einen Schlag viel wahrscheinlicher wird. Damit ist eindrücklich gezeigt, daß auch das physikalische Verständnis eines Systems in die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten von astronomischen Konstellationen einfließt. Zudem wird in den statistischen Verfahren auch die Auswahl der Stichproben kritisiert. Mit jeder Analyse wurde jedoch versucht, gewisse Verfälschungsmöglichkeiten auszuschalten. Beispielsweise wurden Quasare, die entdeckt wurden, als man die Umgebung naher, heller Galaxien nach Quasaren absuchte, für neuere statistische Analysen nicht berücksichtigt, weil die Analysen dadurch verfälscht werden könnten. So schreiben ZHU & CHU (1995) über die Quasare, die sie für die Analyse verwendet hatten: „Die LBQS-Stichprobe ist gleichmäßiger und kompletter als jene, die in früheren statistischen Analysen verwendet wurden. Speziell enthalten unsere Proben keine Quasare, die von ARP und seinen Kollegen beim Suchen in der Nähe von hellen Galaxien gefunden wurden...“.
• Es gibt derzeit keine Möglichkeit, mit konventioneller Physik die intrinsische Rotverschiebung zu erklären (HOYLE & BURBIDGE 1996). Auch LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) diskutieren mehrere Möglichkeiten für den Fall von NGC 7603 (s.u.) und finden innerhalb der konventionellen Physik keine adäquate Lösung.10 Dieser Punkt wird von den Anhängern der intrinsischen Rotverschiebung ohne weiteres eingestanden. Das Fehlen eines Modell ist sicher ein entscheidender Punkt, weshalb sich die meisten Astronomen noch nicht auf die Deutung der intrinsischen Rotverschiebung eingelassen haben.
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Abb. 4b: Für dieses Bild wurden die 7 besten Platten aufsummiert, die 1983 zur Verfügung standen. Die Brücke ist sehr gut erkennbar. Arp, Burbidge, Hewitt (1995) antworten hierzu auf eine Kritik: „Es ist von diesem früheren Bild klar ersichtlich, daß die Brücke, die die Galaxie und den Quasaren verbindet, deutlich erkennbar und weit entfernt von irgendeinem 'pixel bleeding' ist.“ Markarian 205 wird hier als Quasar bezeichnet, weil er als Seyfert-Galaxie einem Quasar sehr ähnlich ist. (Arp 1987, Fig. 3-1, und Fig. 3-2) |
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Damit sind die wichtigsten Argumente und Gegenargumente genannt. Es ist nicht einfach, bei den vielen Einwänden den Überblick zu behalten. Es kann aber festgehalten werden, daß es eine Kontroverse über die Natur der Quasare gibt, die die meisten Astronomen nicht diskutieren wollen. BURBIDGE (1996) faßt seine Ansicht mit den Worten zusammen: „All diese Evidenz zusammengenommen legt nahe, daß zumindest eine Teilmenge der Quasare physikalisch mit Galaxien assoziiert ist und bei den Distanzen der Galaxien liegt. Da die Korrelation mit Galaxien über einen weiten Bereich von Entfernungen erfolgt ist, wird geschlossen, daß im allgemeinen Quasare beides haben müssen, eine intrinsische und eine kosmologische Rotverschiebungskomponente.“
Assoziationen von Galaxien mit Galaxien
Es gibt neben den Assoziationen, die im letzten Abschnitt besprochen wurden, auch solche zwischen mehr oder weniger gewöhnlichen Galaxien.11 Hier soll nicht die ganze Diskussion noch einmal aufgerollt werden, da nur wenig Neues zur Sprache käme. Es sollen lediglich zwei solche Beispiele vorgestellt werden:
• Das Beispiel von NGC 4319 (z = 0.005) und Markarian 205 (z = 0.07) wurde schon erwähnt. Es ist eines der berühmtesten und hatte eine entsprechend lange Kontroverse. Schon auf den ersten veröffentlichten Fotos war eine lichtartige Brücke zwischen diesen beiden Galaxien zu erkennen. Abb. 4 zeigt zwei Bilder, auf denen sie gut zum Vorschein kommt. Die Brücke wurde 1971 entdeckt, und bis 1995 wurde darüber debattiert, ob sie nun echt sei oder nicht (ARP 1998). Die Einwände konnten jeweils leicht entkräftet werden (z.B. ARP, BURBIDGE und HEWITT 1995).
• Ein weiteres Beispiel liegt mit der Galaxie NGC 7603 vor. Die Anordnung ist in Abb. 5 gezeigt. NGC 7603 (z = 0.029) ist mit der Galaxie NGC 7603B (z = 0.057) durch ein Filament verbunden. Nun wurden innerhalb des Filaments noch zwei weitere Objekte gefunden mit Rotverschiebung z = 0.243 und z = 0. 391 (LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ 2002). In ihrer Arbeit schreiben sie: „Dieses System ist zur Zeit der spektakulärste Fall unter den Kandidaten für anomale Rotverschiebung, den wir kennen.“ In einer nachfolgenden Arbeit diskutieren LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) das System weiter und geben noch mehr assoziierte Objekte höherer Rotverschiebung an. Zudem berechnen sie die Wahrscheinlichkeit, daß alle vier Galaxien zufällig auf das Filament projiziert sind, mit etwa 10-9 bis 10-13. Sie schließen: „Eine Erklärung im Rahmen der kosmologischen Rotverschiebung hat eine sehr kleine Wahrscheinlichkeit, auch wenn sie nicht unmöglich ist.“
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Abb. 5a: NGC 7603 mit drei weiteren Objekten mit verschiedener Rotverschiebung, die durch ein Filament verbunden sind. Die vier Objekte sowie die Rotverschiebungen sind angeschrieben. |
Abb. 5a: Vergrößerung von 5a. Es wird ersichtlich, daß die beiden kleinen Objekte auf dem Filament sich je genau dort befinden, wo das Filament die beiden größeren Galaxien berührt. (Aus Lopez-Corredoira & Gutiérrez 2002, Fig. 1) |
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Rotverschiebungsperiodizitäten
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Abb. 6: Die Periodizität von 97 Spiralgalaxien aus unserem Lokalen Superhaufen. N bezeichnet die Anzahl Galaxien und dV gibt die Rotverschiebung an, in Geschwindigkeiten umgerechnet. Die Periodizität von 37,5 km/sec ist von Auge klar erkennbar. (Aus Naper 2003, Astrophysics and Space Science 285, 419-427, Fig. 4, ©Kluwer Academic Publishers) |
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Die Periodizitäten der Rotverschiebungswerte von Galaxien und Quasaren auch „Quantisierung“ der Rotverschiebung genannt stellen eine Rotverschiebungsanomalie anderer Art als in den vorigen Abschnitten dar und sollen separat diskutiert werden. Interessanterweise ist dieser Effekt vom experimentellen Standpunkt her aber stärker gesichert als die anderen Anomalien, obwohl er für viele Astronomen noch viel merkwürdiger erscheint als die letzteren und sich noch hartnäckiger einer Erklärung widersetzt.
Den Effekt, daß die Rotverschiebungswerte von extragalaktischen Objekten bevorzugt bestimmte, diskrete Werteannehmen (Abb. 6), kennt man aus der Literatur schon seit etwa 30 Jahren (vgl. PAILER 1999, 42ff.). Entdeckt wurde der Effekt ursprünglich von William TIFFT.12 NAPIER (2003) faßt den aktuellen Stand der Diskussion zusammen und bestätigt den Effekt, welcher im Detail besagt:
- Rotverschiebungswerte von Galaxien des Virgo- und Coma-Haufens sind periodisch gehäuft mit Periode ~72 km/s.13 Der Effekt ist stärker für Galaxien fern vom Haufenzentrum.
- Rotverschiebungswerte von Spiralgalaxien zerstreut über unseren Superhaufen* weisen eine Periodizität von ~36.2 km/s auf (Abb. 6). Der Effekt ist global, d.h. gruppenübergreifend, tritt aber in kleinen Gruppen stärker zum Vorschein.
- Rotverschiebungswerte für Quasare sind gehäuft um bestimmte Rotverschiebungswerte z, so daß log10(1+z) die Periode 0.089 hat (Abb. 7).
Die Periodizitäten werden nur sichtbar, wenn man die Milchstraße als Referenzrahmen wählt,d.h. man muß bei der Berechnung der Rotverschiebung noch die Eigenbewegung der Erde und der Sonne abziehen, die sich in einem verfälschenden „Doppler“-Anteil äußert. Die Periodizitäten scheinen ein weit verbreitetes Phänomen zu sein, sie wurden allerdings z.B. bei irregulären Galaxien bisher nicht gefunden (NAPIER & GUTHRIE 1997).
Seit seiner Entdeckung wurde der Effekt durch bessere Messungen und größere Stichproben fortlaufend bestätigt, dennoch findet er in der Literatur kaum einen Widerhall; er wird trotz zunehmender Bestätigung fast völlig ignoriert (NAPIER 2003).
Ein Grund dafür könnte der Mangel eines theoretischen Modells sein, der diesen Effekt in irgendeiner Weise verständlich macht. In Versuchen nach einer Erklärung werden auch hier vor allem unkonventionelle physikalische Konzepte ins Spiel gebracht, was den Effekt für die Anhänger des Standardmodells natürlich unattraktiv macht. Die Vorschläge sind in höchstem Maße spekulativ.14 Interessant ist noch, daß es auch in der QSSC keine Erklärung dafür gibt. BURBIDGE (2001) gesteht ein: „...aber wir haben derzeit keine Theorie, die bemerkenswerten Peaks und Periodizitäten in der Verteilung der Rotverschiebung dieser Objekte zu erklären, die über die letzten 30 Jahre gefunden wurden.“
Als Kritik werden vor allem statistische Schwachpunkte und die Auswahl von Stichproben angeführt. Daher wurden enorme Bemühungen unternommen, diese Techniken zu verbessern und großangelegte Monte Carlo-Simulationen durchzuführen. In den neuesten Arbeiten werden jedoch einmal mehr die Periodizitäten bestätigt und alle Kritikpunkte bezüglich Statistik und Auswahlverfahren konnten entkräftet werden (NAPIER 2003; NAPIER & BURBIDGE 2003). NAPIER 2003 schreibt zu diesem Punkt: „Die Periodizitäten sind stark und können in den Datenreihen leicht von Auge gesehen werden. Beobachtungseinschränkungen oder statistische Artefakte scheinen nicht imstande, sie zu erklären“ (z.B. Abb. 6 und 7).
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Abb. 7: Rotverschiebungsverteilung von 290 Quasaren. Die Periodizität ist von Auge erkennbar und Auswahlverfahren können als Ursache der Periodizität ausgeschlossen werden. (Aus Naper 2003, Astrophysics and Space Science 285, 419-427, Fig. 6, ©Kluwer Academic Publishers) |
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Man könnte sich fragen, ob eben solche Bemühungen im Gange wären, den Effekt zu hinterfragen, wenn er mit dem Standardmodell übereinstimmenwürde. ARP (1998) diskutiert diese Periodizitäten in seinem Buch auch. Im Zusammenhang mit der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung schreibt ARP bemerkenswerte Sätze: „Es ist interessant festzustellen, daß das astronomische Establishment Millionen von Dollars alleine in die Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung investiert hat (neben den enormen Kosten für die Beobachtungen). Einer der Analytiker dieser Daten war in einer öffentlichen Vorlesung dabei, zu beschreiben, wie die leichten Unregelmäßigkeiten in diesem erstaunlich glatten Hintergrund irgendwie der letzte Beweis für den Big Bang seien. (Diese feinen, unregelmäßig plazierten kleinen Wellen weichen nur um 0,0001-0,01% des Signals ab.) Von der Hörerschaft kam die Frage, ob die Quantisierung der extragalaktischen Rotverschiebung seine Analyse beeinflussen würde. [...] Die Antwort des Big Bang-Theoretikers ‘Oh nein, jene vermutete Rotverschiebungsquantisierung ist nur bedeutungsloses Rauschen auf dem Vordergrund des Signals!‘“ (ARP 1998, 238)
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