Studium Integrale Journal - Home Studium Integrale Journal 11. Jg. Heft 1 - April 2004
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Anomale Rotverschiebung
Herausforderung für das Standardmodell der Kosmologie?

von SG Wort und Wissen

Studium Integrale Journal
11. Jahrgang / Heft 1 - Mai 2004
Seite 20 - 28


Zusammenfassung: Die Rotverschiebung extragalaktischer Objekte wird heute fast ausnahmslos im Sinne der kosmologischen Rotverschiebung gedeutet, die durch die Expansion des Universums verursacht wird. Seit etwa 30 Jahren werden jedoch astronomische Beobachtungen gemacht und publiziert, die dieser Deutung zu widersprechen scheinen. So kennt man z.B. Paare von extragalaktischen Objekten, die miteinander verbunden scheinen, aber völlig verschiedene Rotverschiebungen aufweisen. Die zahlreichen Beispiele solcher Rotverschiebungsanomalien werden in Fachkreisen jedoch weitgehend ignoriert. In diesem Beitrag soll die aktuelle Diskussion zusammengefaßt werden.




Einleitung

Abb. 1: Hubble-Diagramm für Supernovae des Typs Ia. DL ist die Helligkeitsdistanz, wo Einflüsse aufgrund der Rotverschiebung des Lichtes und der Raumkrümmung berücksichtigt sind. Die lineare Beziehung ist gut zu sehen und für große z wird auch die nicht-lineare Komponente erkennbar. (Aus PEACOCK 2002, Fig. 5-4)

Das Standardmodell* der Kosmologie ist das allgemein akzeptierte Modell der Entstehung und Entwicklung des Universums (* siehe Glossar). Nach diesem Modell war das ganze Universum vor etwa 14 Milliarden Jahren auf kleinstem Raum komprimiert (Urknall) und dehnt sich seither be-ständig aus. Das Modell umfaßt zudem die Dynamik des Universums, die Strukturbildung der Materie zu Galaxien und die Komponentenverteilung von Energie und Materie im Universum (sichtbare Materie, dunkle Materie, dunkle Energie etc.). Die Beobachtungsgrundlage des Standardmodells fußt auf drei Pfeilern:

  1. Die Rotverschiebung extragalaktischer Objekte
  2. Der Mikrowellenhintergrund
  3. Die Häufigkeit leichter Elemente im Universum

Die Rotverschiebung* gilt als direktester Nachweis für die Ausdehnung des Universums. Wird sie nämlich im Sinne des Doppler-Effekts* interpretiert, so würde das bedeuten, daß sich sämtliche Galaxien in radialer Richtung von uns fortbewegen. Geht man nun gedanklich in der Zeit zurück, so führt das fast zwangsläufig auf einen Zustand, wo alle Materie auf kleinstem Raum konzentriert war.

Ein anfänglicher Zustand großer Materiedichte führt nach theoretischer Rechnung auch zu einem Strahlungshintergrund, der das Universum mehr oder weniger gleichmäßig erfüllen sollte. Diesen Strahlungshintergrund glaubte man 1965 in Form der 2.7 K Mikrowellen Hintergrundstrahlung entdeckt zu haben. Diese Entdeckung führte bei den meisten Astrophysikern zur Überzeugung, daß das Standardmodell das Universum tatsächlich gut beschreibt.

Die beobachtete Häufigkeit gewisser leichter Elemente wie z.B. des Edelgases Helium kann im Standardmodell mittels primordialer (ursprünglicher) Elementbildungsprozesse plausibel gemacht werden und gilt darum ebenfalls als eine Stütze des Standardmodells und insbesondere der damit ver-bundenen theoretischen Vorstellungen über die ersten drei Minuten.

In dieser Arbeit soll die Rotverschiebung genauer betrachtet werden.

Edwin Hubble veröffentlichte 1929 eine Arbeit, in welcher er darlegte, daß die Rotverschiebung z naher Galaxien ungefähr proportional zur Distanz D der Galaxien ist. Daher wird die Beziehung

D = c/H0 x z

als Hubble-Gesetz bezeichnet1 , wobei c die Lichtgeschwindigkeit und H0 die Hubble-Konstante ist. Inzwischen wird der Hauptbeitrag der Rotverschiebung praktisch sämtlicher extragalaktischer* Objekte im Sinne des Doppler-Effektes als „Fluchtgeschwindigkeit“ interpretiert, d.h. nach dieser Deutung bewegen sich alle Galaxien von uns fort mit einer Geschwindigkeit proportional zu z. Dieser Vorgang wird normalerweise auch als „Hubble flow“ bezeichnet. Dabei muß angemerkt werden, daß das Hubble-Gesetz nur näherungsweise gilt und zwar für kleine z und daß die Interpretation der Rotverschiebung als Doppler-Verschiebung im Prinzip nicht richtig ist. Nur für sehr nahe Objekte kann z als Doppler-Verschiebung interpretiert werden, für weit entfernte Objekte ist diese Deutung nicht mehr sinnvoll. Die richtige Beziehung zwischen der Distanz und der Rotverschiebung ist im Allgemeinen nicht-linear; die richtige Ursache der Rotverschiebung ist die Dynamik des Universums während der Reisezeit des Lichtes von der entsprechenden Galaxie zu uns. Man nennt diese Interpretation auch kosmologische Rotverschiebung (PEACOCK 1999, 71f.; FLIESSBACH 2003, 61).2 Für eher nahe Objekte wird jedoch normalerweise das Hubble-Gesetz angewendet und ist auch eine gute Näherung (Abb. 1).
Als 1960 die Quasare* entdeckt wurden, die als die am stärksten rotverschobenen Objekte gelten, wurden am Hubble-Gesetz wieder vermehrt kriti-sche Stimmen laut und es wurde von einigen Astronomen bezweifelt, daß sich diese Objekte tatsächlich in einer Distanz gemäß ihrer Rotverschiebung befinden. Daraufhin entflammte die Rotverschiebungskontroverse um diese merkwürdigen Licht-quellen. Denn würden sich die Quasare tatsächlich in so großer Entfernung aufhalten, so müßten sie teilweise eine bis zu 100fache Leuchtstärke einer gewöhnlichen Galaxie aufweisen, was sie zu den hellsten Objekten im Kosmos überhaupt machen würde. Die Diskussion gilt jedoch seit längerem als abgeschlossen und zugunsten der kosmologischen Deutung der Rotverschiebung entschieden.

Ein Blick in die aktuelle Fachliteratur zeigt aber, daß sie in Wirklichkeit keinesfalls beendet ist, sondern von den meisten Kosmologen ignoriert wird. Im Laufe der Zeit wurden zudem noch weitere Beobachtungen gemacht, die das Phänomen der Rotverschiebung in einem neuen Licht erscheinen lassen. Die aktuelle Diskussion soll im Folgenden zusammengefaßt werden3.

Abell-Haufen: Haufen von Galaxien, die im Abell Catalogue archiviert sind. Sie enthalten je mindestens 30 Galaxieninnerhalbvon 2 Magnituden scheinbarer Helligkeit. Doppler-Effekt: Der Doppler-Effekt ist die Frequenzverschiebung, wenn sich eine Lichtquelle auf uns zu oder von uns weg bewegt. Das klassische Analogon ist die Sirene eines Fahrzeugs, deren Tonhöhe sich senkt, wenn es an uns vorbeifährt. Extragalaktisch: Ein extragalaktisches Objekt ist ein Objekt, das sich außerhalb unserer Milchstraße befindet. Gravitationslinse: Ein Objekt mit einer sehr großen Masse, das Lichtstrahlen ablenkt, die das Objekt sehr nahe passieren. Auf diese Weise ist es möglich, daß man zwei Objekte nebeneinander sieht, obwohl das eine Objekt hinter dem anderen liegt, da uns das Licht jenes entfernten Objektes über einen Umweg erreicht. Lokaler Superhaufen: Die größte nahe Aggregation von Gruppen und kleineren Haufen von Galaxien; dabei befindet sich der Virgo-Haufen nahe an seinem Zentrum. Unsere Lokale Gruppe, der u.a. die Milchstraße und Andromeda angehört, ist ein Teil davon. Quasar: Eine punktartige Lichtquelle mit sehr hoher Rotverschiebung. Sie weist häufig Radio- und Röntgenemission auf. Damit Quasare in ihrer ungeheuren Distanz so hell erscheinen, müssen sie um einiges heller leuchten als gewöhnliche Galaxien. Ihre Helligkeit unterliegt teilweise starken Schwankungen. Quasi-steady-state-cosmology (QSSC): Kosmologisches Modell, wonach unser Universum unendlich ist in Raum und Zeit und für immer expandiert. Periodische, explosive „Materieschöpfungen“ („mini-bangs“) führen zu einer oszillierenden Bewegung des Universums, die sich der allgemeinen Expansion überlagert. Rotverschiebung: Das Spektrum von Galaxien ist systematisch zu längeren, röteren Wellenlängen verschoben. Das Maß der Verschiebung wird normalerweise mit z angegeben, wobei z die relative Frequenzverschiebung bezeichnet gemäß z = (Vemiss – Vobs)/Vobs. Dabei ist Vemiss die Frequenz des von der Galaxie emittierten Lichtes und Vobs die Frequenz des gemessenen Lichtes. Demnach bedeutet z = 0 nicht rot-verschoben und z > 0 rotverschoben. Rotverschiebungsperiodizität: Rotverschiebungswerte von vielen Galaxien häufen sich statistisch bei ganzzahligen Vielfachen eines z-Wertes. Man spricht auch von der Quantisierung der Rotverschiebung. Scheinbare Helligkeit: Helligkeit eines Objektes, wie es von der Erde aus wahrgenommen wird, gemessen in Magnituden. Die scheinbare Helligkeit steht im Gegensatz zur absoluten Helligkeit eines Objektes, welche die tatsächliche Helligkeit eines Objekts bezeichnet, falls es sich in einer Standarddistanz von 10 parsec (32,6 Lichtjahre) von uns entfernt befindet. Seyfert-Galaxie: Ein spezieller Typ von aktiven Galaxien (in der Regel Spiralgalaxien). Sie sind charakterisiert durch sehr helle Kerne, deren Helligkeit umfangreiche Veränderlichkeit aufweisen, und zeigen eine gewisse Verwandtschaft mit den Quasaren. Standardmodell: Das Standardmodell der Kosmologie ist ein Modell des Universums, wonach vor etwa 14 Milliarden Jahren das Universum enorm große Dichte aufwies (Urknall) und sich seither beständig ausdehnt. Das Standardmodell umfaßt die Dynamik des Universums, die Strukturbildung der Materie zu Galaxien und die Komponentenverteilung von Energie und Materie im Universum (z.B. Dunkle Materie, Dunkle Energie etc.). Virgo-Haufen: Der nächste reiche Galaxienhaufen und Zentrum unseres Lokalen Superhaufens.

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Beobachtungen
Abb. 2: Röntgen-Filamente, die von Markarian 205(Mitte) ausgehen und bei zwei Quasaren mit z=0.46 und z=0.63 enden. Der dritte Quasar befindet sich ebenfalls auf dem Filament und ist durchden Rotverschiebungswert z=1.259 angegeben. (Aus ARP 1998, Fig. 1-7)

Es gibt Argumente dafür, daß mindestens ein Teil der beobachteten Rotverschiebung extragalaktischer Objekte nicht kosmologisch bedingt ist. Sie wird in diesen Fällen als eine Eigenschaft des Objekts selbst betrachtet und als „intrinsisch“ oder „anomal“ (BURBIDGE 1996; NAPIER 2003) bezeichnet. Argumente für nicht-kosmologische Rotverschiebungen kommen aus drei Richtungen:

  • Physikalische Assoziationen zwischen Paaren oder kleinen Gruppen von Objekten mit sehr verschiedenen Rotverschiebungen.
  • Statistische Untersuchungen mit dem Ergebnis, daß eine Objektklasse mit einer anderen in Beziehung zu setzen ist, obwohl sie völlig verschiedene Rotverschiebungen aufweisen.
  • Periodische Häufungen in den gemessenen Werten der Rotverschiebung, die im Sinne des Standardmodells nicht verstanden werden können.

Assoziationen zwischen Quasaren und Galaxien mit verschiedenen Rotverschiebungen

Welche Argumente sprechen dafür, daß Quasare mit Galaxien tieferer Rotverschiebung assoziiert sind? Im folgenden wird dazu eine kritische Sichtung geboten.

• Es gibt sehr eindrückliche Beispiele dafür, daß Quasare mit Galaxien verschiedener Rotverschiebung durch Filamente und „Lichtbrücken“ verbunden scheinen. Vor allem Halton ARP (1987; 1998) war und ist sehr darum bemüht, Beispiele solcher Anordnungen zu finden und zu analysieren. Aber auch einige andere Astronomen sind daran interessiert wie z.B. Jack SULENTIC oder Margaret BURBIDGE. ARP (1998) stellt in seinem Buch etwa 10 Beispiele solcher Assoziationen zusammen, bei welchen die Wahrscheinlichkeit für eine zufällige Anordnung der beteiligten Objekte als verschwindend gering angegeben wird.4 Eine z.T. andere Zusammenstellung von Beispielen wird z.B. von HOYLE & BURBIDGE (1996) diskutiert und weitere bemerkenswerte Beispiele werden von LOPEZCOR-REDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) erwähnt. Wenn es auch nicht einfach ist, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer solchen Konstellation von Objekten verschiedener Rotverschiebung anzugeben, so findet man darunter doch auch Beispiele, wo man die Assoziationen eigentlich direkt „von Auge“ sehen kann. Ein berühmtes Beispiel ist die Seyfert-Galaxie* Markarian 20, die auf beiden Seiten Filamente aus Röntgenstrahlen aufweist, die zu drei Quasaren führen, die so schön auf die Filamente passen wie die Teile eines Puzzles (Abb. 2). Es fällt schwer zu glauben, daß es sich dabei um eine lediglich zufällige Anordnung handelt. Zudem ist interessant, daß Markarian 205 selbst mit der zerrütteten Galaxie NGC 4319 durch eine „Lichtbrücke“ verbunden ist (s.u.) (ARP 1987, 31f.; 1998, 18f.). LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) schreiben zu solchen Beispielen: „Einige von ihnen können bloß glückliche Fälle sein, wo Hintergrundobjekte nahe zu Vordergrundgalaxien fallen, obwohl die statistischen Mittelwertkorrelationen zu klären bleiben, und einige Fälle alleine sehr kleine Wahrscheinlichkeiten haben, Projektionen von Hintergrundobjekten zu sein.“

„Die beobachteten Resultate zwingen zu der Schlußfolgerung, daß es intrinsische, nicht-kosmologische Rotverschiebung gibt und in irgendeiner Weise erklärt werden muß.“

• Es gibt zahlreiche statistische Analysen, die Quasare mit Vordergrundgalaxien in Beziehung setzen. Eine Übersicht über die Diskussion findet man bei BURBIDGE (1996). Z.B analysierten ZHU & CHU (1995) die Quasare in der Region des Virgo-Haufens* und konnten eine Korrelation von Quasaren mit Galaxien des Virgo-Haufens nachweisen. Die 178 Quasare fallen offensichtlich näher zu Galaxien des Virgo-Haufens als durch Zufall erwartet, aber nicht zu Hintergrundgalaxien.5 ARP (1998, 129) bemerkt dazu, daß sie sich jedoch nicht so nahe kommen, daß sie durch Gravitationslinsen* erklärt werden könnten. BURBIDGE (1996) faßt seine Sichtweise über den ersten und zweiten Punkt mit den Worten zusammen: „...die beobachteten Resultate zwingen uns zu der Schlußfolgerung, daß es intrinsische, nicht-kosmologische Rotverschiebung gibt und in irgendeiner Weise erklärt werden muß. Der einzige Ausweg ist, die ganze statistische, morphologische und physikalische Evidenz, die hier diskutiert und über die während vieler Jahre berichtet wurde, einer erstaunlichen Anzahl von unkorrelierten Zufällen zuzuschreiben.“

Abb. 3a: Drei Hubble-Diagramme (Rotverschiebung gegen scheinbare Helligkeit, jeweils mit entsprechender Skalierung).
a) Hubble-Diagramm für Haufen von Galaxien, gemessen von Allan SANDAGE. Eine lineare Beziehung ist zu erkennen. (Aus ARP 1998, Fig. 9-2, verändert)
Abb. 3b: Hubble-Diagromm von 252 Quasaren. Die durchgezogenen Linie ist die Ausgleichsgerade, die gestrichelte Linie stellt die Modellvorhersage im Fall der kosmologischen Deutung dar. Ein linearer Zusammenhang ist von Auge jedoch gar nicht erkennbar. (Aus Thakur & Sapre 1978, Astrophysics and Space Science 57, 119-139, Fig. 1, © Kluwer Academic Publishers)
Abb. 3c: Hubble-Diagramm aller Abell-Haufen mit gemessenen Rotverschiebungen aus einem großen Gebiet nördlich von CenA. Sie passen nicht gut in eine lineare Beziehung. (Aus Arp 1998, Fig. 6-14)

• Trägt man die Anzahl der hellsten, nahen Galaxien als Funktion der scheinbaren Helligkeit auf einem Diagramm auf und macht dasselbe für Quasare mit einer Rotverschiebung zwischen 0.5 < z < 1.0, so findet man praktisch identische Kurven, falls man die Helligkeit der Quasare systematisch um etwa 10 Magnituden verschiebt, d. h. der Verlauf der Kurven ist fast derselbe, aber die Quasare weisen systematisch viel kleinere scheinbare Helligkeiten auf. Für Quasare mit 1.0 < z < 1.5 findet man dasselbe Resultat, wenn die systematische Verschiebung größer ist (ARP 1998, 170f.). Die Übereinstimmungen der Kurven sind starke Argumente, daß Quasare tatsächlich mit nahen hellen Galaxien assoziiert sind.

• Es gibt auch einige wenige Konstellationen, wo Quasare verschiedener Rotverschiebung gepaart auftreten (SLUSE et al. 2003). Die Anzahl solcher Paare ist mit lediglich vier gegenüber den anderen Arten von Assoziationen (s.o.) eher gering, aber dennoch nennenswert. Auch in diesem Fall ist nicht klar, ob Gravitationslinsen eine angemessene Erklärung sein könnten. SLUSE et al. (2003) diskutieren diesen Aspekt und sprechen sich eher dagegen aus.
Zusätzlich zu diesen Argumenten läßt sich eine Reihe weiterer Aussagen über die genannten Assoziationen machen. So nimmt nach statistischen Untersuchungen der Winkelabstand zwischen Quasaren und Galaxien mit zunehmender Rotverschiebung ab, was im Falle der Echtheit der Assoziationen auch erwartet wird. Außerdem hängt die absolute Helligkeit der Quasare vom Winkelabstand zur Galaxie ab (BURBIDGE 1996).
Trotz dieser Argumente sind viele Astronomen nicht der Ansicht, daß es so etwas wie intrinsische Rotverschiebung gebe. Die Argumente dafür wurden jedoch nicht entkräftet, sondern ignoriert. BURBIDGE (1988) äußerte sich darüber: „Die Allgemeinheit der Astronomen ist völlig polarisiert durch diese Auseinandersetzung. Die meisten wollen nichts darüber hören. Die ausgeprägt Ungläubigen sagen, daß jene, die sie vorschlagen oder an diese Hypothese glauben, naiv sind, mißverstanden, unkundig in Bezug auf Statistiken, übereifrig oder schlimmer.“ Diese Situation hat sich bis heute nicht geändert. So schreiben LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004): „Obwohl überraschenderweise bei der Mehrheit der astronomischen Allgemeinheit ignoriert, gibt es zunehmend Evidenz durch Beispiele solcher Anomalien.“

Skepsis ist jedoch bis zu einem gewissen Grad durchaus berechtigt. So gibt es auch Befunde, die für die kosmologische Deutung sprechen. Sie sollen im Folgenden zusammengestellt werden:

• Die bekannten Hubble-Diagramme, auf denen die Rotverschiebung von Objekten gegen die scheinbare Helligkeit aufgetragen wird und ein stetiger Zusammenhang festgestellt wird, sind starke Argumente, daß für die meisten Galaxien der Hauptbeitrag der Rotverschiebung tatsächlich kosmologisch bedingt ist (Abb. 3a).
Hierzu muß jedoch angemerkt werden, daß nicht nur das Standardmodell die Hubble-Diagramme erklären kann. Denn die Befürworter der anomalen Rotverschiebung bemühen sich nicht nur um das Etablieren eines neuen Effekts, sondern auch um seine Einordnung in einen Theorienrahmen eines Modells. Dabei gibt es schon recht konkrete Vorstellungen darüber, wie eine mögliche Alternative aussehen könnte. Eine solche wurde von HOYLE, BURBIDGEund NARLIKAR(1996) entworfen6, trägt den Namen „Quasi-steady-state-cosmology“ (QSSC*) und knüpft an die Idee des klassischen Steady State-Modells aus den 50er Jahren an. ARP (1998) hingegen vertritt noch einmal ein anderes Modell, welches aber dem QSSC näher kommt als der Standardkosmologie. Beide Modelle haben gemeinsam, daß Quasare entstehen, indem sie von Galaxien emittiert (herausgeschleudert) werden und eine intrinsische Rotverschiebungskomponente aufweisen. Es würde zu weit führen, diese Modelle weiter zu diskutieren, jedoch beanspruchen beide, die Hubble-Diagramme ebenfalls deuten zu können.
Weiter soll an dieser Stelle angemerkt werden, daß gerade Quasare nicht sehr gut in typische Hubble-Diagramme passen, d.h. keine erkennbar lineare Beziehung aufweisen, sondern eher balkenförmig angeordnet sind (THAKUR & SAPRE 1978). Dennoch wird in der entsprechenden Arbeit durch einen linearen Ausgleich eine entsprechend lineare Beziehung angegeben, die aber nicht ins Auge fällt (Abb. 3b).7 ARP bemerkt zudem (1998, 153f.), daß sogenannte Abell-Haufen* ebenfalls nicht gut in Hubble-Diagramme passen (Abb. 3c). In einer weiteren Arbeit (ARP 2002) kritisiert er sogar Hubble-Diagramme relativ naher Galaxien, indem er darlegt, daß der Zusammenhang nicht-linear sei und die Hubble-Konstante mit größerer Rotverschiebung offensichtlich zunehme. Alle diese Aspekte werden in einer weiteren Arbeit zu erörtern sein.

• Viele Quasare relativ niedriger Rotverschiebung sind von einem verschwommenen, lichtschwachen Halo (engl. fuzz) umgeben, der als Hinweis auf eine Wirtsgalaxie gedeutet wird. Nach dieser Deutung wären also Quasare die hellen Kerne weit entfernter Galaxien.
Im Rahmen der QSSC kann dieser Befund mittlerweile jedoch auch verstanden werden. So wurde festgestellt (BURBIDGE 1996), daß nicht alle Quasare von einem solchen Halo umgeben sind. In Fällen, wo der Quasar von der Galaxie emittiert wurde, ist ein solcher Halo nicht zu erwarten, und bei Quasaren, die mit Galaxien assoziiert sind (s.o.), kann er auch nicht beobachtet werden.

• Gravitationslinsen werden angeführt, um den Befund zu entkräften, wonach Quasare statistisch mit nahen Galaxien assoziiert seien. Zudem liefert jeder Quasar, der eindeutig durch eine Gravitationslinse sichtbar wird, einen guten Beleg, daß er sich tatsächlich in großer Entfernung befindet.
Wie bereits angedeutet wird dieser Aspekt immer noch sehr kontrovers diskutiert (SLUSE 2003). ARP (1998, 169f.) hat diesem Thema in seinem Buch ein ganzes Kapitel gewidmet und einige Einwände gegen Gravitationslinsen zusammengetragen. Einer der stärksten Einwände (siehe auch BURBIDGE 1996) ist, daß nach Berechnungen für die notwendige Häufigkeit der Linsenereignisse ein steiler Anstieg der Anzahl der Quasare mit niedriger scheinbarer Helligkeit erwartet wird. Die Kurve flacht jedoch deutlich ab.

• Es gibt statistische Evidenz, daß auch Quasare mit niedrigerer Rotverschiebung mit Galaxien derselben Rotverschiebung assoziiert sind, was für ihre kosmologische Deutung spricht. Eine entsprechende Studie wurde vor einiger Zeit z.B. von STOCKTON (1978) durchgeführt.
Allerdings sind solche Untersuchungen im Gegensatz zu den anderen, die für die intrinsische Rotverschiebung sprechen, sehr selten. BURBIDGE (1996) erkennt sie aber an und wertet sie als einen Hinweis, daß es tatsächlich Quasare mit einem sehr kleinem Anteil an intrinsischer Rotverschiebung gibt. Denn wenn wir annehmen, daß gewöhnliche Galaxien keine intrinsische Rotverschiebung haben, d.h. ihre gesamte Rotverschiebung kosmologisch bedingt ist, und sich Quasare derselben Rotverschiebung in gleicher Distanz befinden, können auch die Quasare keinen großen Anteil intrinsischer Rotverschiebung aufweisen.

Abb. 4a: Markarian 205 ist unterhalb der zerrütteten Galaxie NGC 4319. Die Lichtbrücke ist schwach erkennbar.

• Weiter werden die statistischen Methoden und Berechnungen der Wahrscheinlichkeiten kritisiert. So konnten z.B. NEWMAN & TERZIAN (1995) zeigen, daß ARP in einer seiner Rechnungen8 eine sehr kleine statistische Wahrscheinlichkeit erhalten hat, weil er ein gewisses dynamisches Verhalten des Systems angenommen hat. NEWMAN macht eine andere Annahme9, womit das Ereignis auf einen Schlag viel wahrscheinlicher wird. Damit ist eindrücklich gezeigt, daß auch das physikalische Verständnis eines Systems in die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten von astronomischen Konstellationen einfließt. Zudem wird in den statistischen Verfahren auch die Auswahl der Stichproben kritisiert. Mit jeder Analyse wurde jedoch versucht, gewisse Verfälschungsmöglichkeiten auszuschalten. Beispielsweise wurden Quasare, die entdeckt wurden, als man die Umgebung naher, heller Galaxien nach Quasaren absuchte, für neuere statistische Analysen nicht berücksichtigt, weil die Analysen dadurch verfälscht werden könnten. So schreiben ZHU & CHU (1995) über die Quasare, die sie für die Analyse verwendet hatten: „Die LBQS-Stichprobe ist gleichmäßiger und kompletter als jene, die in früheren statistischen Analysen verwendet wurden. Speziell enthalten unsere Proben keine Quasare, die von ARP und seinen Kollegen beim Suchen in der Nähe von hellen Galaxien gefunden wurden...“.

• Es gibt derzeit keine Möglichkeit, mit konventioneller Physik die intrinsische Rotverschiebung zu erklären (HOYLE & BURBIDGE 1996). Auch LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) diskutieren mehrere Möglichkeiten für den Fall von NGC 7603 (s.u.) und finden innerhalb der konventionellen Physik keine adäquate Lösung.10 Dieser Punkt wird von den Anhängern der intrinsischen Rotverschiebung ohne weiteres eingestanden. Das Fehlen eines Modell ist sicher ein entscheidender Punkt, weshalb sich die meisten Astronomen noch nicht auf die Deutung der intrinsischen Rotverschiebung eingelassen haben.

Abb. 4b: Für dieses Bild wurden die 7 besten Platten aufsummiert, die 1983 zur Verfügung standen. Die Brücke ist sehr gut erkennbar. Arp, Burbidge, Hewitt (1995) antworten hierzu auf eine Kritik: „Es ist von diesem früheren Bild klar ersichtlich, daß die Brücke, die die Galaxie und den Quasaren verbindet, deutlich erkennbar und weit entfernt von irgendeinem 'pixel bleeding' ist.“ Markarian 205 wird hier als Quasar bezeichnet, weil er als Seyfert-Galaxie einem Quasar sehr ähnlich ist. (Arp 1987, Fig. 3-1, und Fig. 3-2)

Damit sind die wichtigsten Argumente und Gegenargumente genannt. Es ist nicht einfach, bei den vielen Einwänden den Überblick zu behalten. Es kann aber festgehalten werden, daß es eine Kontroverse über die Natur der Quasare gibt, die die meisten Astronomen nicht diskutieren wollen. BURBIDGE (1996) faßt seine Ansicht mit den Worten zusammen: „All diese Evidenz zusammengenommen legt nahe, daß zumindest eine Teilmenge der Quasare physikalisch mit Galaxien assoziiert ist und bei den Distanzen der Galaxien liegt. Da die Korrelation mit Galaxien über einen weiten Bereich von Entfernungen erfolgt ist, wird geschlossen, daß im allgemeinen Quasare beides haben müssen, eine intrinsische und eine kosmologische Rotverschiebungskomponente.“

Assoziationen von Galaxien mit Galaxien

Es gibt neben den Assoziationen, die im letzten Abschnitt besprochen wurden, auch solche zwischen mehr oder weniger gewöhnlichen Galaxien.11 Hier soll nicht die ganze Diskussion noch einmal aufgerollt werden, da nur wenig Neues zur Sprache käme. Es sollen lediglich zwei solche Beispiele vorgestellt werden:

• Das Beispiel von NGC 4319 (z = 0.005) und Markarian 205 (z = 0.07) wurde schon erwähnt. Es ist eines der berühmtesten und hatte eine entsprechend lange Kontroverse. Schon auf den ersten veröffentlichten Fotos war eine lichtartige Brücke zwischen diesen beiden Galaxien zu erkennen. Abb. 4 zeigt zwei Bilder, auf denen sie gut zum Vorschein kommt. Die Brücke wurde 1971 entdeckt, und bis 1995 wurde darüber debattiert, ob sie nun echt sei oder nicht (ARP 1998). Die Einwände konnten jeweils leicht entkräftet werden (z.B. ARP, BURBIDGE und HEWITT 1995).

• Ein weiteres Beispiel liegt mit der Galaxie NGC 7603 vor. Die Anordnung ist in Abb. 5 gezeigt. NGC 7603 (z = 0.029) ist mit der Galaxie NGC 7603B (z = 0.057) durch ein Filament verbunden. Nun wurden innerhalb des Filaments noch zwei weitere Objekte gefunden mit Rotverschiebung z = 0.243 und z = 0. 391 (LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ 2002). In ihrer Arbeit schreiben sie: „Dieses System ist zur Zeit der spektakulärste Fall unter den Kandidaten für anomale Rotverschiebung, den wir kennen.“ In einer nachfolgenden Arbeit diskutieren LOPEZ-CORREDOIRA & GUTIÉRREZ (2004) das System weiter und geben noch mehr assoziierte Objekte höherer Rotverschiebung an. Zudem berechnen sie die Wahrscheinlichkeit, daß alle vier Galaxien zufällig auf das Filament projiziert sind, mit etwa 10-9 bis 10-13. Sie schließen: „Eine Erklärung im Rahmen der kosmologischen Rotverschiebung hat eine sehr kleine Wahrscheinlichkeit, auch wenn sie nicht unmöglich ist.“

Abb. 5a: NGC 7603 mit drei weiteren Objekten mit verschiedener Rotverschiebung, die durch ein Filament verbunden sind. Die vier Objekte sowie die Rotverschiebungen sind angeschrieben. Abb. 5a: Vergrößerung von 5a. Es wird ersichtlich, daß die beiden kleinen Objekte auf dem Filament sich je genau dort befinden, wo das Filament die beiden größeren Galaxien berührt. (Aus Lopez-Corredoira & Gutiérrez 2002, Fig. 1)

Rotverschiebungsperiodizitäten

Abb. 6: Die Periodizität von 97 Spiralgalaxien aus unserem Lokalen Superhaufen. N bezeichnet die Anzahl Galaxien und dV gibt die Rotverschiebung an, in Geschwindigkeiten umgerechnet. Die Periodizität von 37,5 km/sec ist von Auge klar erkennbar. (Aus Naper 2003, Astrophysics and Space Science 285, 419-427, Fig. 4, ©Kluwer Academic Publishers)

Die Periodizitäten der Rotverschiebungswerte von Galaxien und Quasaren – auch „Quantisierung“ der Rotverschiebung genannt – stellen eine Rotverschiebungsanomalie anderer Art als in den vorigen Abschnitten dar und sollen separat diskutiert werden. Interessanterweise ist dieser Effekt vom experimentellen Standpunkt her aber stärker gesichert als die anderen Anomalien, obwohl er für viele Astronomen noch viel merkwürdiger erscheint als die letzteren und sich noch hartnäckiger einer Erklärung widersetzt.

Den Effekt, daß die Rotverschiebungswerte von extragalaktischen Objekten bevorzugt bestimmte, diskrete Werteannehmen (Abb. 6), kennt man aus der Literatur schon seit etwa 30 Jahren (vgl. PAILER 1999, 42ff.). Entdeckt wurde der Effekt ursprünglich von William TIFFT.12 NAPIER (2003) faßt den aktuellen Stand der Diskussion zusammen und bestätigt den Effekt, welcher im Detail besagt:

  • Rotverschiebungswerte von Galaxien des Virgo- und Coma-Haufens sind periodisch gehäuft mit Periode ~72 km/s.13 Der Effekt ist stärker für Galaxien fern vom Haufenzentrum.
  • Rotverschiebungswerte von Spiralgalaxien zerstreut über unseren Superhaufen* weisen eine Periodizität von ~36.2 km/s auf (Abb. 6). Der Effekt ist global, d.h. gruppenübergreifend, tritt aber in kleinen Gruppen stärker zum Vorschein.
  • Rotverschiebungswerte für Quasare sind gehäuft um bestimmte Rotverschiebungswerte z, so daß log10(1+z) die Periode 0.089 hat (Abb. 7).

Die Periodizitäten werden nur sichtbar, wenn man die Milchstraße als Referenzrahmen wählt,d.h. man muß bei der Berechnung der Rotverschiebung noch die Eigenbewegung der Erde und der Sonne abziehen, die sich in einem verfälschenden „Doppler“-Anteil äußert. Die Periodizitäten scheinen ein weit verbreitetes Phänomen zu sein, sie wurden allerdings z.B. bei irregulären Galaxien bisher nicht gefunden (NAPIER & GUTHRIE 1997).

Seit seiner Entdeckung wurde der Effekt durch bessere Messungen und größere Stichproben fortlaufend bestätigt, dennoch findet er in der Literatur kaum einen Widerhall; er wird trotz zunehmender Bestätigung fast völlig ignoriert (NAPIER 2003).

Ein Grund dafür könnte der Mangel eines theoretischen Modells sein, der diesen Effekt in irgendeiner Weise verständlich macht. In Versuchen nach einer Erklärung werden auch hier vor allem unkonventionelle physikalische Konzepte ins Spiel gebracht, was den Effekt für die Anhänger des Standardmodells natürlich unattraktiv macht. Die Vorschläge sind in höchstem Maße spekulativ.14 Interessant ist noch, daß es auch in der QSSC keine Erklärung dafür gibt. BURBIDGE (2001) gesteht ein: „...aber wir haben derzeit keine Theorie, die bemerkenswerten Peaks und Periodizitäten in der Verteilung der Rotverschiebung dieser Objekte zu erklären, die über die letzten 30 Jahre gefunden wurden.“

Als Kritik werden vor allem statistische Schwachpunkte und die Auswahl von Stichproben angeführt. Daher wurden enorme Bemühungen unternommen, diese Techniken zu verbessern und großangelegte Monte Carlo-Simulationen durchzuführen. In den neuesten Arbeiten werden jedoch einmal mehr die Periodizitäten bestätigt und alle Kritikpunkte bezüglich Statistik und Auswahlverfahren konnten entkräftet werden (NAPIER 2003; NAPIER & BURBIDGE 2003). NAPIER 2003 schreibt zu diesem Punkt: „Die Periodizitäten sind stark und können in den Datenreihen leicht von Auge gesehen werden. Beobachtungseinschränkungen oder statistische Artefakte scheinen nicht imstande, sie zu erklären“ (z.B. Abb. 6 und 7).

Abb. 7: Rotverschiebungsverteilung von 290 Quasaren. Die Periodizität ist von Auge erkennbar und Auswahlverfahren können als Ursache der Periodizität ausgeschlossen werden. (Aus Naper 2003, Astrophysics and Space Science 285, 419-427, Fig. 6, ©Kluwer Academic Publishers)

Man könnte sich fragen, ob eben solche Bemühungen im Gange wären, den Effekt zu hinterfragen, wenn er mit dem Standardmodell übereinstimmenwürde. ARP (1998) diskutiert diese Periodizitäten in seinem Buch auch. Im Zusammenhang mit der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung schreibt ARP bemerkenswerte Sätze: „Es ist interessant festzustellen, daß das astronomische Establishment Millionen von Dollars alleine in die Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung investiert hat (neben den enormen Kosten für die Beobachtungen). Einer der Analytiker dieser Daten war in einer öffentlichen Vorlesung dabei, zu beschreiben, wie die leichten Unregelmäßigkeiten in diesem erstaunlich glatten Hintergrund irgendwie der letzte Beweis für den Big Bang seien. (Diese feinen, unregelmäßig plazierten kleinen Wellen weichen nur um 0,0001-0,01% des Signals ab.) Von der Hörerschaft kam die Frage, ob die Quantisierung der extragalaktischen Rotverschiebung seine Analyse beeinflussen würde. [...] Die Antwort des Big Bang-Theoretikers – ‘Oh nein, jene vermutete Rotverschiebungsquantisierung ist nur bedeutungsloses Rauschen auf dem Vordergrund des Signals!‘“ (ARP 1998, 238)

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Allgemeine Gedanken und Schlußfolgerungen

Es ist nicht leicht, ein Fazit aus den hier diskutierten Daten und Deutungen zu ziehen, und vielleicht lernt man beim Studium der anomalen Rotverschiebung eher, wie es in der astronomischen Forschungsgemeinschaft zugeht als wie das Universum funktioniert. So wird beim Betrachten dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung deutlich, daß es auch in der Kosmologie möglich ist, ein vom Standard abweichendes Konzept und sogar Beobachtungen, die nicht in den allgemein akzeptierten Theorierahmen passen, systematisch zu ignorieren oder als Bagatellen wegzudiskutieren. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Kosmologie offensichtlich nicht von der Evolutionsbiologie, wo sachliche, kritische Stimmen häufig auch ignoriert werden. Es stellt sich daher die Frage, weshalb die kontroversen Aspekte nicht offen diskutiert werden. Auf diese Weise könnte man ggf. zeigen, daß sie falsch sind. Durch Ignorieren ist das nicht möglich.

Möglicherweise ist das Universum noch viel komplexer und wenige verstanden als bisher vermutet wurde.

Diese Studie soll kein Plädoyer für die QSSC oder ein anderes Modell sein. Es soll aber deutlich gemacht werden, daß Alternativen zum Standardmodell von namhaften Astronomen vorgeschlagen und auch laufend weiter ausgebaut werden. Zudem gibt es immer noch überzeugende Kritik am Standardmodell und zwar nicht etwa nur an einigen Details, sondern an den Grundannahmen – nämlich der Interpretation der Rotverschiebung. Sollten sich auch nur wenige der hier diskutierten Aspekte der Rotverschiebung als richtig erweisen, so werden aller Wahrscheinlichkeit nach im Standardmodell größere Modifikationen nötig sein, deren Tragweiten enorm sein könnten.

Aus der Sicht der Schöpfungsforschung darf man gespannt sein, wie die Diskussion weitergeht. Möglicherweise ist das Universum noch viel komplexer und weniger verstanden, als bisher vermutet wurde. Ein Denkzwang zur Standardkosmologie existiert jedenfalls nicht.

Dank: Mein Dank gilt Prof. Dr. Alfred KRABBE und Dr. Norbert PAILER für wertvolle Verbesserungsvorschläge und Christian LIECHTI für die Hilfe zur Digitalisierung einiger Bilder.

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Anmerkungen

1 Eine andere Schreibweise des Hubble-Gesetzess ist v = H0 D, mit v als Geschwindigkeit der Galaxie.

2 Um diesen Unterschied zwischen Doppler-Effekt und kosmologischer Rotverschiebung zu verstehen, ist ein gewisses Verständnis der Allgemeinen Relativitätstheorie nötig. Wenn auch der Unterschied subtil erscheinen mag, insbesondere da er gewöhnlich zu sehr ähnlichen Resultaten führt, ist er in Bezug auf die Interpretation der Rotverschiebung sehr wichtig. So sagt uns die kosmologische Deutung nicht, wie schnell sich die Galaxie bewegte, als das Licht damals emittiert wurde, während der Doppler-Effekt ein direktes Maß für die Geschwindigkeit wäre. Die kosmologische Rotverschiebung sagt nur, wie sehr das Universum sich während der Reisezeit des Lichtes ausgedehnt hat, aber nicht wie die Expansion verlaufen ist.

3 Pailer (1999) hat bereits auf diese Diskussion hingewiesen.

4 Arp hat in seinem ersten Buch (1987) auf Seite 15 dargelegt, wie solche Wahrscheinlichkeiten berechnet werden. Aus Platzgründen kann dieser Aspekt hier nicht diskutiert werden. Auf jeden Fall handelt es sich dabei auch um einen kontroversen Aspekt.

5 Diese Methode der Wahrscheinlichkeitsbetrachtung unterscheidet sich von denjenigen, die in Anmerkung 4 erwähnt wird. Hier besteht im Gegensatz zum ersten Punkt keine sichtbare Assoziation zwischen Quasaren und Galaxien. Die Assoziation äußert sich nur statistisch, indem Quasare näher zu Galaxien fallen als zufällig erwartet.

6 Für eine kurze Gegenüberstellung des Standardmodells mit der QSSC siehe BURBIDGE (2001).

7 FAHR (1995, 59) greift dieses Argument auch auf und schreibt: „Von Beginn ihrer Beobachtungen um 1972 bis hinein in die heutige Zeit haben Quasarregistrationen klar werden lassen, daß ihre Aussagen vermittelst ihrer Statistiken hinsichtlich Leuchtkräften und Rotverschiebungen nur wenig oder gar nichts gemein haben mit allen Vorhersagen aus den Theorien der bisher bekannten, homogenen Weltmodelle.“

8 Es handelte sich um die Frage, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, daß jeweils alle kleineren Galaxien in einer Gruppe größere Rotverschiebungen haben als die dominante Galaxie im speziellen Fall unserer Lokalen Gruppe von Galaxien. Dies führt letztlich zu einem weiteren guten Argument für intrinsische Rotverschiebung, auf das hier aber nicht eingegangen werden soll.

9 Seine Annahme bestand darin, daß Andromeda gar nicht die Dynamik der Lokalen Gruppe bestimmt, womit sie ihre ausgezeichnete Funktion gegenüber den anderen Galaxien verloren hat und „nur“ noch die größte Galaxie ist.

10 Als konventionelle Rotverschiebungsmöglichkeiten gelten die kosmologische Rotverschiebung, die Dopplerverschiebung und Gravitationsrotverschiebung.

11 In der Regel sind sogenannte „Peculiar Galaxien“ oder „Seyfert-Galaxien“ beteiligt. Ihre Rolle soll hier nicht diskutiert werden.

12 Eine graphische Darstellung der Geschichte des Effekts findet man in TIFFT (1997).

13 Diese Angabe bezieht sich auf die Rotverschiebung z und wird in km/s angegeben, weil die Rotverschiebung direkt als Dopplergeschwindigkeit interpretiert wird. Bei kleinen z-Werten ist das üblich.

14 Ein Beispiel eines solchen Modells stellt TIFFT (2003) vor. Eine andere, eher direkte Interpretation wurde vom Kreationisten Russell HUMPHREYS (2002) formuliert. Er interpretierte die Periodizitäten im Sinne des Hubble-Gesetzes und folgerte, daß um unsere Galaxie herum konzentrische Schalen von extragalaktischen Objekten angeordnet seien, womit unsere Milchstraße einen ausgezeichneten Ort im Unversum habe und sich offensichtlich im Zentrum des Universums befinde. Es soll aber an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden.

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Studium Integrale Journal 11. Jg. Heft 1 - April 2004