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Merkmalsnetz statt Stammbaum

Neues Vernetzungsmodell in der Paläanthropologie ähnelt Verwandtschaftsverhältnissen im Grundtyp Mensch

von Michael Brandt

Studium Integrale Journal
25. Jahrgang / Heft 1 - Mai 2018
Seite 47 - 51


Zusammenfassung: Eine neue Untersuchung des Schädels von Dali aus China hat eine einmalige Kombination von modernen Merkmalen im Gesichtsskelett und archaischen Merkmalen im Bereich des Hirnschädels erbracht. Auch andere Schädel früher Menschen weisen solche einmaligen Merkmalskombinationen auf. Diese Befunde deuten zusammen mit Ergebnissen genetischer Studien auf komplexe Verwandtschaftsverhältnisse des Frühmenschen hin. Die neuen Vernetzungsmodelle lösen die Stammbäume in der Paläanthropologie ab und ähneln den Verwandtschaftsverhältnissen im Grundtyp Mensch der Schöpfungslehre.




Einleitung

Nach der klassischen Sicht der Evolution des modernen Homo sapiens evolvierte der früheste unbestritten echte Mensch Homo erectus vor mehr als zwei Millionen radiometrischen Jahren (rJ) in Afrika1 und breitete sich vor ca. 1,9 Millionen rJ nach Eurasien aus. In Afrika soll einige Zeit vor 600.000 rJ aus Homo erectus die neue Spezies Homo heidelbergensis entstanden sein, deren älteste bekannte Überreste in Äthiopien entdeckt wurden. Vor ca. 600.000 rJ wanderte der Homo heidelbergensis aus Afrika nach Eurasien ein. Homo heidelbergensis evolvierte nach dieser Sicht in Asien in den Denisova-Menschen und in Europa in den Neandertaler vor ca. 430.000 rJ. auf ca. 900.000-125.000 Jahre radiometrisch datierte chinesische fossile Menschen mit einer Mischung von archaischen und modernen Merkmalen könnten vom Homo heidelbergensis aus Afrika abstammen.

Der moderne Homo sapiens entstand demnach in Afrika vor ca. 200.000 rJ und wanderte später nach Eurasien ein. Er erreichte den Mittleren Osten vor ca. 120.000-80.000 rJ, Europa vor ca. 45.000 rJ und Südostasien vor 60.000 rJ. Er ersetzte die dort lebenden anatomisch archaischeren Menschen, wobei in ganz geringem Umfang eine Vermischung der Neuankömmlinge mit den Ursprungspopulationen stattfand.

Es gibt jedoch Befunde, die dieses Standardmodell schon bisher nicht stützten, wobei dem Schädel von Dali eine Schlüsselrolle zukommt. Dieser recht vollständig erhaltene Schädel wurde 1978 in China im westlichen Teil von Dali in der Nähe des Dorfes Jiefang in der Provinz Shaanxi aus mittelpleistozänen Schichten geborgen (Abb. 1). Gegen das Standardmodell, wonach der moderne Homo sapiens ausschließlich in Afrika entstand, sprechen darüber hinaus in erster Linie chinesische Fossilien.

Abb. 1: Der Schädel von Dali, Provinz Shaanxi, China. Der auf 258.000-268.000 Jahre radiometrisch datierte Fund weist eine einmalige Merkmalskombination aus einem mehr modernen Gesichtsschädel und einem eher archaischen Hirnschädel auf. (© Sheela Athreya, mit freundlicher Genehmigung)

Ein Kennzeichen von Homo heidelbergensis ist eine Mischung aus anatomisch modernen und archaischen Merkmalen. Homo heidelbergensis besitzt wie auch Homo erectus massive Überaugenwülste und es fehlt ein Kinn. Er weist mit dem Besitz kleiner Zähne und einer größeren Hirnschale aber auch Ähnlichkeiten mit Homo sapiens auf. Die meisten Forscher sehen deshalb in Homo heidelbergensis eine Übergangsform zwischen Homo erectus und Homo sapiens.

Diese chinesischen Fossilien werden zwar von Forschern wie Stringer auch zum Taxon Homo heidelbergensis gestellt, weisen aber trotz einiger Ähnlichkeiten deutliche Unterschiede zum Homo heidelbergensis aus Afrika und Europa auf. So zeigt der überwiegend erhaltene Schädel aus Dali eine größere Hirnschale, ein kürzeres Gesicht und niedrigere Wangenknochen als die meisten Homo-heidelbergensis-Funde. Dieser Fund und andere chinesische zu Homo heidelbergensis gestellte Fossilien wurden von manchen Forschern als Übergangsform zwischen Homo erectus (Peking-Mensch) und dem Homo sapiens in Asien gewertet. Ein dazu passendes Ausbreitungsmodell ist als multiregionale Hypothese oder Kontinuität mit Hybridisierung (Vermischung) bekannt. Danach haben sich die vom asiatischen Homo erectus abstammenden Menschen mit aus Afrika und anderen Teilen Eurasiens eingewanderten Menschen vermischt. Ihre Nachkommen sind die Ahnen der modernen Ostasiaten.

Gegen das Modell der Kontinuität mit Hybridisierung des Ursprungs des modernen Menschen in China wird jedoch eingewendet, dass Studien chinesischer Populationen gezeigt haben, dass 97,4 % ihres Erbguts von Ahnen der modernen Menschen Afrikas und der Rest von ausgestorbenen Formen wie den Neandertalern und den Denisova-Menschen stammen.

Wu (in Qui 2016) entgegnet auf dieses Argument, dass der genetische Beitrag von archaischen Menschen in China bisher übersehen worden sein könnte, weil man von ihnen bisher keine DNA gewonnen hat. Außerdem spielen bei diesen Fragen immer auch unbekannte demografische Variablen in Raum und Zeit der einst lebenden regionalen Populationen (z. B. in China) eine Rolle.

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Neue Studie zum Schädel von Dali

Mit einer neuen Studie haben Athreya & Wu (2017) nicht nur eine neue Datierung des Dali-Schädels geliefert, sondern auch anhand von multivariaten Analysen der Gesichts- und Schädelmorphologie im Vergleich mit anderen mittelpleistozänen2 Homo-Funden aus Asien, Afrika und Europa das Modell der Kontinuität mit Hybridisierung weiterentwickelt. Der Dali-Schädel mit einem Alter von 258.000–268.000 rJ weist nach Athreya & Wu (2017) eine gemischte Affinität zu bekannten mittel- und spätpleistozänen Menschengruppen auf.

Das Gesichtsskelett des Dali-Schädels ist morphologisch deutlich moderner als der Hirnschädel. Es weist eine Ähnlichkeit mit dem mittelpaläolithischen frühen Homo sapiens (s. u.) auf und unterscheidet sich vom mittelpleistozänen Menschen aus Afrika und Eurasien. Der archaische Hirnschädel von Dali ist dagegen dem mittelpleistozänen Homo aus Afrika und dem östlichen Eurasien (chinesischer Homo erectus) aus dieser Zeitepoche am ähnlichsten.

Betrachtet man die Merkmale des Gesichts- und Hirnschädels zusammen, dann ist der Dali-Schädel einmalig, d. h. er ist morphologisch keinem bekannten Homo-Fossil vergleichbar. Am meisten ähnelt der Dali-Schädel aber den auf ca. 200.000-300.000 rJ datierten frühesten Homo-sapiens-Funden aus Nord- und Ostafrika und dem frühen Homo sapiens Skuhl und Qafzeh aus Israel (Athreya & Wu (2017), die ein Alter von ca. 90.000-130.000 rJ besitzen (Wood 2011).

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Eine Übergangspopulation?
Abb. 2: Zusammengesetzte Rekonstruktion der frühesten bekannten Homo sapiens-Fossilien von Jebel Irhoud, Marokko. Vor über 300.000 rJ hatte dieser frühe Homo sapiens bereits ein modernes Gesicht und eine moderne Form der Zähne. Im Gegensatz zur mehr rundlichen Form beim heute lebenden Menschen ist der Hirnschädel jedoch mehr archaisch länglich konfiguriert. (CC BY-SA 2.0)

Seit seiner Entdeckung wurde der Dali-Fund morphologisch als Übergangsform („transition“) zwischen Homo erectus und Homo sapiens in China gedeutet. Während Dali nicht zu Homo heidelbergensis gestellt wurde, wurden die Ähnlichkeiten mit Homo erectus und Homo sapiens in China hervorgehoben und als Teil einer Übergangslinie in China zwischen dem früh- und mittelpleistozänen Homo erectus und dem mittel- und spätpleistozänen Homo sapiens gedeutet (Wu & Athreya 2013).

Aufgrund der neuen Analyse, der neuen Entdeckungen und der Studienergebnisse anderer Forscher haben Athreya & Wu (2017) jedoch ihre frühere Interpretation von Dali als Übergangsform revidiert. Folgende Entdeckungen und Analysen haben dazu geführt:

Erstens wurde die komplexe und heterogene Natur des chinesischen Homo erectus in China nochmals bestätigt (siehe auch Exkurs). Dies und die neuen Ergebnisse von Dali widerspiegeln nach Athreya & Wu (2017) die Tatsache, dass in China im Mittelpleistozän mehr als ein „paleo-deme“, also mehr als eine Population von nahe verwandten Individuen, existiert hat.

Zweitens wurden auf ca. 315.000 Jahre datierte Überreste von Schädelknochen aus Jebel Irhoud, Marokko, entdeckt. Eine zusammengesetzte Rekonstruktion dieser Fossilien zeigt – wie auch der Dali-Schädel – einen modernen Gesichtsschädel kombiniert mit einem archaischen Hirnschädel (Abb. 2). Die neuen Funde werden zu Homo sapiens gestellt. Sie weisen auf ein komplexeres Entstehungsmuster des modernen Menschen in Afrika als bisher vermutet hin (Hublin et al. 2017, Richter et al. 2017).

Drittens weisen zwei Schädel aus dem frühen Spätpleistozän (ca. 105.000-125.000 und 125.000 rJ) von Lingjing, Xuchang, ebenfalls einen Mix aus archaischen und modernen knöchernen Merkmalen einschließlich weniger typischer Neandertaler-Merkmale wie eine Fossa suprainiaca (ovale Vertiefung oberhalb einer knöchernen Leiste, die quer auf dem Hinterhauptsbein am Hinterkopf verläuft) auf. Insgesamt besitzen die beiden Schädel von Xuchang eine einmalige Morphologie unter den Funden des östlichen Eurasien. Die Autoren der 2017 publizierten Studie stellen fest, dass die beiden Schädel wahrscheinlich das Ergebnis einer „komplexen gerichteten Interaktion paläobiologischer Veränderungen und intra- und interregionaler Populationsdynamik sind“ (Athreya & Wu 2017, 18).

Nach Athreya & Wu (2017) zeigen die Funde von Jebel Irhoud und Xuchang, dass in der Zeitperiode vor ca. 100.000-300.000 rJ, in die auch die Datierung des Dali-Schädels fällt, in Afrika und im östlichen Eurasien (China) verschiedene moderne Schädelmerkmale in Verbindung mit dem Homo sapiens auftraten. Die frühere Beschreibung des Dali-Schädels als einfache Übergangsform zwischen Homo erectus und Homo sapiens wird diesen Befunden nicht gerecht. Athreya & Wu (2017) fordern eine Modifizierung des bisherigen Modells der Kontinuität mit Hybridisierung zur Erklärung der Entstehung der Morphologie der mittel-spätpleistozänen Menschen in China.

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Verflochtenes Fluss-Netzwerkmodell des Genflusses

Athreya & Wu (2017) stellen das Modell der „Kontinuität mit Hybridisierung über ein verflochtenes Fluss-Netzwerkmodell des Genflusses“ („braided-stream network model“) vor. Das bisherige Modell der Kontinuität mit Hybridisierung geht von einer kontinuierlichen Entwicklung des Menschen vom frühen zum späten Pleistozän Chinas aus. Danach gibt es eine kontinuierliche Linie vom asiatischen Homo erectus zum modernen Ostasiaten. Allerdings fand in China auch eine Vermischung von Nachkommen des Homo erectus mit aus Afrika und anderen Teilen Eurasiens eingewanderten Menschen statt. Dieses Modell wurde weiter entwickelt. China stellt nun eine Region dar, die einen Strom eines verflochtenen Flusses evolutionärer Veränderungen repräsentiert, der sich über alle Gebiete der Erde erstreckt, in denen Menschen lebten.3 Athreya & Wu (2017) konkretisieren aufgrund ihrer neuen Ergebnisse dieses Modell für China noch weiter.

Während der Frühzeit der Menschen (Pleistozän) fand ein Genaustausch zwischen den Bewohnern der ganzen Erde statt.

Im „braided-stream network model“ sind die morphologischen4 Veränderungen in China Folge eines wechselnden Genfluss-Netzwerkes, das zum einen unter den verschiedenen regionalen Populationen Chinas und zum anderen zwischen den Bevölkerungen Chinas und denen West­eurasiens und Afrikas existierte. Es gab demnach keine isolierten evolutionären Entwicklungslinien. Der wechselnde Genfluss innerhalb Chinas und zwischen Osteurasien, Westeurasien und Afrika erklärt die Ähnlichkeiten des Hirnschädels zwischen Dali und den Menschen des mittelpleistozänen Westeurasiens.

Der Genfluss innerhalb lokaler Linien und zwischen lokalen Linien zu bestimmten Zeiten führte zu Veränderungen der Morphologie der Populationen in verschiedenen Regionen zu unterschiedlichen Zeiten in einem unterschiedlichen Ausmaß (Athreya & Wu 2017).

Dieses Entwicklungsszenario wird auch durch Studienergebnisse anderer Gebiete Eurasiens (Ackermann et al. 2016) gestützt. Genetische und morphologische Studien zeigen, dass Vermischungen zwischen verschiedenen menschlichen Linien in der Menschheitsgeschichte häufig vorkommen und nicht die Ausnahme sind (kurze Zusammenstellung siehe Brandt 2015).

Im Rahmen einer mikroevolutionären Geschichte des Menschen unter Einschluss des unbestritten frühesten echten Menschen Homo erectus ist eine neue Arbeit von Anton & Kuzawa (2017) bedenkenswert, da die Autoren im Besonderen auf die kontrovers diskutierten Funde von Dmanisi eingehen.

Homo erectus war in Raum und Zeit sehr variabel ausgeprägt. Neue Funde von Dmanisi sprengen aber die bis dahin bekannte Variabilität dieses Frühmenschen (z. B. bestimmte Schädelmerkmale, geringe Schädelkapazität und Körpergröße). Einige Forscher vermuten deshalb, dass es sich bei diesen Funden vielleicht um eine andere Art (z. B. „Homo“ habilis) oder zumindest um einen etwas primitiveren Menschen als den frühen Homo erectus aus Afrika handeln könnte (Vekua et al. 2002, Lordkipanidze et al. 2013). Die Dmanisi-Funde werden jedoch aus berechtigten Gründen üblicherweise Homo erectus zugeordnet (siehe z. B. Brandt 2017b, c).

Anton & Kuzawa (2017) deuten die Dmanisi-Merkmale außerhalb des bisher bekannten Variationsbereiches von Homo erectus nicht phylogenetisch, sondern als Anpassung an eine besondere Umwelt. Es gibt nach Anton & Kuzawa (2017) eine phänotypische Plastizität als Reaktion auf bestimmte Umweltbedingungen, die über mehrere Generationen kumulieren kann. So führt eine saisonale Ressourcenknappheit zu einer verminderten Körpergröße und eine gefährliche Umwelt durch Raubtiere zu einer früheren Reife und damit geringeren Körpergröße der Menschen. Am Fundplatz Dmanisi herrschten extreme Temperaturschwankungen. Merkmale wie die kleine Statur der Menschen von Dmanisi könnten nach Anton & Kuzawa (2017) durch die dort herrschende Umwelt bedingt sein.

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Netzwerk von Homo erectus und Homo sapiens

Die Morphologie des Dali-Schädels weist darauf hin, dass die Population, von der Dali abstammt, zum einen durch Erbgut von Homo erectus und Populationen aus Westeurasien beeinflusst wurde und zum anderen einen wesentlichen Beitrag zum Ursprung des frühen Homo sapiens in China geliefert hat. Weil Homo erectus und Homo sapiens wahrscheinlich Teil eines genetischen Netzwerkes waren, könnte Homo erectus einen Beitrag zum Ursprung des Homo sapiens geliefert haben (Athreya & Wu 2017).

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Vernetzungsmodell und das Grundtypkonzept der Schöpfungslehre

Dali und andere fossile Menschen verfügen über ein Merkmalsmosaik, das nur ihnen eigen ist. Die Entstehung solcher Merkmalskomplexe muss erklärt werden. In einem komplexen Netzwerkmodell finden die verschiedenen Merkmalsmosaike der fossilen Menschen eine plausible Erklärung.

Abb. 3: Verwandtschaftsverhältnisse des Menschen nach dem phylogenetischen Modell (links) und dem Grundtypmodell.

Im postulierten verflochtenen Fluss-Netzwerkmodell des Genflusses gab es zahlreiche Hybridisierungen zwischen den Menschen im Pleistozän weltweit, und speziell in China solche, die den unbestritten fossil frühesten echten Menschen Homo erectus mit Homo sapiens verbinden. Dieses Modell erklärt, warum viele pleistozäne Funde wie Dali taxonomisch nicht genauer zugeordnet werden können. In einem komplexen genetischen Netzwerkmodell ist die übliche Einstufung verschiedener fossiler Menschenformen in unterschiedliche makroevolutionäre Entwicklungsstufen unplausibel. Das verflochtene Fluss-Netzwerkmodell des Genflusses kommt mit seinen Konsequenzen den Vorstellungen über Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb des Grundtyps Mensch im Rahmen der Schöpfungslehre nahe (Abb. 3).

Komplexe verwandtschaftliche Vernetzungen sprechen gegen unterschiedliche makroevolutionäre Entwicklungsstufen der Menschen.

Im Grundtypkonzept wird ein geschaffener Grundtyp mit verschiedenen Merkmalsausprägungsmöglichkeiten bzw. Merkmalskomplexen vorausgesetzt. Bei den Nachkommen des Grundtyps liegen die geschaffenen Merkmale in verschiedenen Kombinationen und Ausprägungen, d. h. in Merkmalsmosaiken vor. Alle Veränderungen innerhalb eines Grundtyps sind somit ausschließlich mikroevolutiver Natur. Zum Grundtyp Mensch gehören alle fossilen echten Menschen wie Homo erectus und spätere Homo-Arten sowie alle heute lebenden Menschen.

Nach dem Evolutionsmodell ist Homo erectus aus nichtmenschlichen Homininen entstanden. Nach dem Grundtypkonzept gehören dagegen die mehr großaffenähnlichen fossilen Homininen Sahelanthropus, Orrorin, Ardipithecus, Kenyanthropus, Australopithecus, Paranthropus, „Homo“ naledi und „Homo“ habilis zu einem (oder mehreren) anderen Grundtyp(en) ohne historisch-verwandtschaftliche Beziehung zum Menschen.

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Anmerkungen

1 Dagegen sprechen Steinwerkzeuge aus Asien, die auf 2,5 bis 2,6 Millionen rJ datiert werden. Wer außer Homo erectus könnte sie hergestellt haben? Außerdem weisen sehr viel ältere Steinwerkzeuge aus Europa und vereinzelt auch aus Asien auf eine andere Entstehungsgeschichte der Menschheit hin (Brandt 2017a).

2 Das Mittelpleistozän wird auf ca. 781.000-126.000 Jahre radiometrisch datiert (Wood 2011).

3 Athreya & Wu (2017, 697-698): „…continuous evolution within East Asia from the Early to the Late Pleistocene … is a major source of the morphological patterns observed there. In addition, gene flow is seen as maintaining these populations as part of the same species, connecting them to each other and to those from Western Eurasia and Africa. As part of this model … a ‘river-network-like’ pattern of gene flow among Pleistocene populations that would explain the Continuity with Hybridization model. This was later elaborated … whereby China was described as a region that ‘represents one stream of the intertwining river of evolutionary change that flows over all areas of the globe where human habitation occurred‘.“

4 Athreya & Wu (2017) sprechen von „evolutionary change“.

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Literatur

Ackermann RR, Mackay A & Arnold ML (2016)
The hybrid origin of ‘‘modern’’ humans. Evol. Biol. 43, 1–11.
Antón SC & Kuzawa CW (2017)
Early Homo, plasticity and the extended evolutionary synthesis. Interface Focus 7: 20170004.
Athreya S & Wu X (2017)
A multivariate assessment of the Dali hominin cranium from China: morphological affinities and implications for Pleistocene evolution in East Asia. Am. J. Phys. Anthropol. 164, 679–701.
Brandt M (2015)
Wie alt ist die Menschheit? Demographie und Steinwerkzeuge mit überraschenden Befunden. 5., erw. Aufl., Holzgerlingen.
Brandt M (2017a)
Wer waren die ersten Steinwerkzeughersteller in der Menschheitsgeschichte? In: Brandt M: Frühe Homininen – eine Bestandsaufnahme anhand fossiler und archäologischer Zeugnisse. Stud. Integr. Special 1/2017, S. 129–203.
Brandt M (2017b)
Frühmensch ein „Missing Link“? Die Schulter von Homo erectus. In: Brandt M: Frühe Homininen – eine Bestandsaufnahme anhand fossiler und archäologischer Zeugnisse. Stud. Integr. Special 1/2017, S. 93–103.
Brandt M (2017c)
Frühmensch Homo erectus konnte doch sprechen. In: Brandt M: Frühe Homininen – eine Bestandsaufnahme anhand fossiler und archäologischer Zeugnisse. Stud. Integr. Special 1/2017, S. 105–108.
Hublin J-J et al. (2017)
New fossils from Jebel Irhoud, Morocco and the pan-African origin of Homo sapiens. Nature 546, 289–292.
Lordkipanidze D et al. (2013)
A complete skull from Dmanisi, Georgia, and the evolutionary biology of early Homo. Science 342, 326–331.
Richter D et al. (2017)
The age of the hominin fossils from Jebel Irhoud, Morocco, and the origins of the Middle Stone Age. Nature 546, 293–296.
Vekua A et al. (2002)
A new skull of early Homo from Dmanisi, Georgia. Science 297, 85–89.
Wu X & Athreya S (2013)
A description of the geological context, discrete traits, and linear morphometrics of the Middle Pleistocene hominin from Dali, Shaanxi Province, China. Am. J. Phys. Anthropol. 150, 141–157.
Wood B (ed, 2011)
Wiley-Blackwell encylopedia of human evolution. Chichester.


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