Studium Integrale Journal - Home Studium Integrale Journal 16. Jg. Heft 1 - Mai 2009
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Ursachen fossiler Muster
Vergleich Vergleich von phylogenetischer und ökologischer Deutung
am Beispiel des Komplexitätsgewinns der Krebstiere (Crustacea)

von Christoph Heilig

Studium Integrale Journal
16. Jahrgang / Heft 1 - Mai 2009
Seite 22 - 35


Zusammenfassung: Die Organismengruppen tauchen im Fossilbericht nicht gleichzeitig in der geologischen Schichtenfolge auf. Ihre Abfolge wird unter der Voraussetzung einer Stammesgeschichte so gedeutet, dass bis zu einer bestimmten Zeit in der Erdgeschichte fossil nicht in Erscheinung getretene Formen in der Regel noch nicht evolviert waren.

Es sind jedoch Fälle bekannt, in denen diese Gruppen über einen bestimmten Zeitraum hinweg existiert haben müssen, obwohl sie in den entsprechenden Sedimenten nicht gefunden wurden. Dies wird durch „geologisch nicht überlieferte Lebensräume“ erklärt, in welchen sich die Lebewesen während dieser Zeitspanne in Kleinpopulationen aufgehalten haben sollen.

Erst unter ökologischen Bedingungen, die für die jeweilige Organismengruppe vorteilhaft waren, soll diese sich dann ausgebreitet und durch mikroevolutive Prozesse in zahlreiche Arten aufgespalten haben, wodurch sie die fossile Nachweisgrenze überschritten.
Konzepte, welche in diesem Ansatz eine grundlegende Erklärung für die Abfolge der Organismengruppen im Fossilbericht sehen (vgl. Stephan 2002), stehen vor einer Herausforderung, wenn diese Überlieferung einem Muster, einer Regel zu entsprechen scheint: Wieso kommt es zu dieser spezifischen Sortierung und nicht zu einer mehr oder weniger chaotischen Sukzession, wenn der Fossilsequenz der Organismengruppen mehr oder weniger zufällige, ökologische Ursachen zugrunde liegen?

Adamowicz et al. (2008) liefern in ihrer Arbeit über fossile Krebstiere (Crustacea) einen solchen Befund eines Musters, der in diesem Artikel diskutiert wird. Es gibt starke Argumente dafür, dass über das Phanerozoikum hinweg betrachtet die Ordnungen des Unterstamms Crustacea einen deutlichen Komplexitätszuwachs in ihrer Gliedmaßenausstattung aufweisen. Die Autoren sehen darin einen phylogenetischen Trend. Im vorliegenden Artikel soll der Versuch unternommen werden, eine alternative Deutungsmöglichkeit aufzuzeigen, welche ökologische Gründe für die spezifische Fossilabfolge anführt: Dabei wird vorgeschlagen, dass die Krebstiere mehrere Untergruppen beinhalten, welche im Fossilbericht aus ökologischen und nicht stammesgeschichtlichen Gründen aufeinander folgen und die unterschiedlich komplexe Merkmalsausstattungen bezüglich der Gliedmaßen aufweisen. Da auf der Ordnungsebene eine markante Diskontinuität im Hinblick auf die Gliedmaßenkomplexität auftritt, liegt es nahe zu vermuten, dass diese Gruppen mit den Ordnungen der Krebstiere identisch sind. Dabei sind die (nach diesem Kriterium!) komplexeren Krebstiergruppen nicht qualitativ „besser“ oder „höherentwickelt“: Die Gruppen mit einer weniger vielseitigen Ausstattung stellen in einer relativ hürdenlosen Ökologie die passende Problemlösung dar. Daher wird die Möglichkeit diskutiert, dass der von Adamowicz et al. (2008) beobachtete fossile Trend letztendlich eine Entwicklung auf der Ebene der Ökologie widerspiegelt: Eine komplexer werdende Ökologie fördert und fordert entsprechend komplexere organismische Konstruktionen, lässt also etwa die bereits existierenden, an Gliedmaßtypen reicheren Gruppen aus ihren geologisch nicht überlieferten Lebensräumen hervortreten, erlaubt deren Diversifikation und ihren Arten das Überschreiten der fossilen Nachweisgrenze.

Möglicherweise ist die Erklärung für den Komplexitätsgewinn auch eine Kombination aus einem ökologischen und einem in dieselbe Richtung weisenden evolutiven Trend. Trends in der Diversifikation passen gut zur Vorstellung teleologischer Mikroevolutionsprozesse, wie sie etwa auf der Basis „polyvalenter Stammformen“ angenommen werden können.

Die für den Prozess des Heraustretens aus den geologisch nicht überlieferten Lebensräumen verantwortlichen Merkmale der jeweiligen Gruppen, welche zu den neuen ökologischen Bedingungen passen und diesen neuen Lebensraum für die Gruppe „aufschließen“, werden als „key characters“ (Schlüsselmerkmale) bezeichnet. Der gängige Begriff der „key innovations“ (Schlüsselneuheiten) hingegen ist bereits eine phylogenetische Interpretation des Merkmals, setzt also voraus, dieses sei de novo evolutiv innerhalb einer Evolutionslinie entstanden. Es werden Möglichkeiten diskutiert, zwischen fossilen Schlüsselmerkmalen zu unterscheiden, welche makroevolutive Neukonstruktionen (key innovations) darstellen und solchen, die bereits zuvor als gewöhnliche Merkmale in Organismengruppen existierten („Präadaptionen“), aber erst nach Umweltveränderungen aus ihren zuvor begrenzten geologischen Lebensräumen heraus und auch fossil in Erscheinung traten. Der Ursprung der Präadaption wird diskutiert. Im Anschluss wird die Frage aufgeworfen, wie die hier zusammengetragenen Überlegungen helfen könnten, auch andere fossile Muster, wie etwa das Auftreten von Zwischenformen, in einem ökologischen, nicht-phylogenetischen Rahmen zu interpretieren.




Der Unterstamm der Krebstiere
Abb. 1: Collage verschiedener Krebstiere. Foto: Hans Hillewaert; Creative Commons-Lizenz Attribution ShareAlike 2.5 (Wikimedia)

Die Krebstiere (Crustacea) stellen einen Unterstamm innerhalb des Stammes der Gliederfüßer (Arthropoda) dar. Martin & Davis (2001, 1) geben den Artenreichtum dieser Tiergruppe mit ungefähr 52 000 Spezies an (vgl. Land 1996; Monod & Laubier 1996). Die Diversität der Crustaceen wird deutlich, wenn man die enorme morphologische Spannbreite bedenkt, die zwischen den größten und den kleinsten lebenden Vertretern liegt: Die Japanische Riesenkrabbe (Macrocheira kaempferi) misst 3,7 m von Beinspitze zu Beinspitze und der Amerikanische Hummer (Homarus americanus) kann bis zu 20 kg auf die Waage bringen. Auf der anderen Seite erreichen die Wasserflöhe (besonders Alonella) lediglich Körperlängen von oft nicht einmal 0,25 mm (Anonymus 2008). Einen kleinen Einblick in die Formenvielfalt der Krebstiere bietet Abb. 1. Von den anderen Arthropoden unterscheiden sich die Krebstiere dadurch, dass sie zwei Paar Antennen aufweisen (Campbell & Reece 2006, 798). Alle Krebstiere sind aus Körpersegmenten aufgebaut, die durch ein Kopfsegment und ein Endsegment eingeschlossen sind. Dieser grundlegende Aufbau variiert je nach Krebstieruntergruppe jedoch sehr stark, da die einzelnen Segmente und ihre Anhängsel spezifische Funktionen übernehmen. So können beispielsweise die Spaltbeine als Mundwerkzeuge, Saugnäpfe, Genitalorgane usw. auftreten. Der hypothetische evolutive Prozess der Verschmelzung von Segmenten zu funktionellen Einheiten (Tagmata) wird „Tagmosis“ genannt. In Anlehnung an Cisne (1974) beziehen Adamowicz et al. (2008, 4786) diesen Begriff auch auf die „Differenzierung und Spezialisierung der Gliedmaßen entlang der Körperachse“. Cisne (1974) stellt eine Möglichkeit vor, diesen Grad an Gliedmaßenkomplexität bei den Arthropoden mit Rückgriff auf eine Arbeit von Brillouin (1962) zu quantifizieren.

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Der Fossilbericht und geologisch nicht überlieferte Lebensräume

Erstes fossiles Auftreten der Krebstiergruppen. Der Ursprung und die Evolution der Krebstiere ist Gegenstand kontroverser Diskussion. Mit den jüngst beschriebenen Funden ihrer bisher ältesten (ca. 520 Millionen Jahre nach herkömmlicher Datierung) Art Yicaris dianensis aus dem Unterkambrium stellt sich im Rahmen des Evolutionsparadigmas insbesondere die Frage, ob die Entstehung der Krebstiere (und vieler anderer Tierstämme und -unterstämme) tatsächlich im Zuge der „Kambrischen Explosion“ erfolgte oder ob ein beträchtlicher Teil der Evolution ihrer Baupläne bereits im Präkambrium stattfand (Zhang et al. 2007; vgl. in dieser Ausgabe auch die Streiflichter zu diesem Thema), wobei für die letztere Hypothese fossile Belege fehlen (Valentine 2004). Fest steht, „dass eine Vielfalt an Körperbauplänen bereits unter den ursprünglichen Krebstieren bestand“ (Chen et al. 2001, 2181).

Abb. 2: Mit dem Fossilbericht abgeglichenes Kladogramm für Krebstiertaxa nach Wills (1998, 466). Schwarze Balken sind durch Fossilfunde belegt, blaue Balken (ghost ranges) repräsentieren die Existenz einer Organismengruppe, die aufgrund evolutionstheoretischer Überlegungen postuliert wird, aber fossil nicht belegt ist. Diesem Verfahren liegt die Überlegung zugrunde, dass im Kladogramm identifizierte Schwestertaxa gleichzeitig entstehen, also beide mindestens so alt sind, wie der weiter zurück überlieferte. Das erst später auftauchende Taxon muss in der Zeitspanne, die zwischen den beiden Auftauchdaten liegt, in geologisch nicht überlieferten Lebensräumen gelebt haben.

Während manche Krebstierarten/-gruppen bereits in den kambrischen Schichten auftreten, gilt das natürlich nicht für alle (vgl. Abb. 2). Die Abfolge dieses Musters wird unter der Vorgabe einer Stammesgeschichte des Lebens als das Resultat von evolutiven Herausbildungen neuer Krebstierformen gedeutet.

Evolutive Entstehung und fossiles Auftreten. Das fossile Auftreten einer Organismengruppe ist jedoch auch im Rahmen einer angenommenen Stammesgeschichte nicht einfach mit ihrer Entstehung gleichzusetzen. So tauchen Makrofossilien der Landpflanzen erst im Mittelsilur auf, während ihre Existenz schon für einen vorangegangenen Zeitraum von 30 Millionen Jahren nach herkömmlicher Datierung angenommen werden kann, da Sporen bereits in den entsprechenden Sedimenten gefunden wurden (vgl. Junker 1996).

Auch molekulare Stammbäume führen oft zur Annahme, dass Organismengruppen schon lange Zeit vor ihrem fossilen Auftreten existiert haben sollen (vgl. zusammenfassend Stephan 2002, 122-133). Stephan (2002) stellte aus der Literatur Berichte über Organismengruppen zusammen, die vorübergehend – oft für viele Millionen Jahre nach gängiger Vorstellung – nicht im Fossilbericht anzutreffen sind, dann aber urplötzlich wieder auftreten (sogenannte „Lazarus-Taxa“).

Zur Erklärung des „Abtauchens“ dieser Arten wird ein Konzept herangezogen, das in seinen Grundzügen bereits von Georges Cuvier um 1830 aufgestellt wurde. Demnach sind die betroffenen Tier- und Pflanzengruppen (die „Cuvierschen Einheiten“) während der in Frage stehenden Zeiträume fossil deshalb nicht anzutreffen, weil sie sich in Lebensräumen aufhielten, die für eine geologische Überlieferung aus verschiedenen Gründen nicht geeignet waren. Erst beim Heraustreten aus diesen lokal begrenzten Räumen und der anschließenden Ausbreitung – auch in Gebiete mit einem höheren Überlieferungspotential – wurde es wahrscheinlich, dass fossile Spuren ihres Daseins im Fossilbericht festgehalten wurden und uns so heute zugänglich sind.

Geologisch nicht überlieferte Lebensräume als grundlegendes Interpretationskonzept der fossilen Überlieferung. Stephan (2002) postuliert nun, dass dieses Prinzip nicht nur für die hier genannten Spezialfälle gilt, sondern eine grundlegende Regel für die Interpretation des Fossilberichts darstellen könnte. Demnach sollte es möglich sein, dass aufeinander folgende Organismengruppen schon zu Beginn der geologischen Überlieferung parallel existierten und ihr sukzessives fossiles Auftreten in der Schichtenfolge alternativ zu einer evolutiven stammesgeschichtlichen Erklärung ökologisch bedingt sein könnte (vgl. Junker & Stephan 2002).1

Nach Stephan (2002, 145) kann man diesen Erklärungsansatz wie folgt zusammenfassen: Vor ihrem fossilen Auftreten lebten diese Organismengruppen („Grundtypen“) in einigen wenigen Biotopen, die sowohl geographisch isoliert als auch räumlich sehr begrenzt waren, und die deswegen (und aus anderen Gründen) geologisch nicht überliefert wurden. Die dort lebenden Populationen wiesen eine nur sehr geringe Individuenzahl auf. Erst freiwerdende bzw. neu entstehende Lebensräume erlaubten die Ausbreitung und mikroevolutive Diversifikation der Grundtypen infolge einer Spezialisierung an verschiedene Bereiche des freigewordenen Lebensraums.

Grundtypen. Stephan (2002) identifiziert die stammesgeschichtlich nicht verbundenen Organismengruppen mit der taxonomischen Einheit der Grundtypen. Ein Grundtyp umfasst nach Scherer (1998) alle Arten, deren Individuen direkt oder indirekt durch Kreuzungen verbunden sind. Auch Arten, für die keine entsprechenden Kreuzungen vorliegen, die aber im Ähnlichkeitsspektrum kreuzender Arten liegen, werden dem Grundtyp zugerechnet. Problematisch am Grundtypkonzept ist unter anderem, dass erfolgreiche Kreuzungen Grundtypenzugehörigkeit belegen, misslingende Kreuzungen eine Art jedoch nicht notwendigerweise vom Grundtyp ausschließen. Das ist darin begründet, dass erfolgreiche Kreuzungen Ähnlichkeiten auf vielen verschiedenen Komplexitätsebenen benötigen (also Kontinuität belegen) und bereits sehr geringe Änderungen Kreuzungen unmöglich machen. Es stellt sich daher die Frage, was aus einer misslungenen Kreuzung überhaupt folgen kann. Letztendlich müssen wohl doch auch morphologische Kriterien eine Rolle spielen und tun dies auch bereits im Sammelband von Scherer (1993).

Der Vorteil des Kreuzungskriteriums ist, dass sein Erfüllen komplexe Ähnlichkeit sehr einfach nachweist, während dies auf genetischer oder morphologischer Ebene (noch) nicht so deutlich möglich ist. Da Kreuzungen dieses Ähnlichkeitsmuster jedoch nur widerspiegeln, spricht nichts dagegen, wenn die Kontinuität zwischen zwei Arten auch auf andere Weise ermittelt wird. Beispielsweise, wenn anhand von Eigenschaften im Körperbau gezeigt wird, dass die Arten im morphologischen Raum eine Gemeinschaft bilden (vgl. Heilig 2008a). Ein Grundtyp ist damit nicht mehr nur eine Gruppe von Organismen, für die eine große interne Kontinuität (empirisch, durch Kreuzung) nachgewiesen wird, sondern auch eine Gruppe, die nach außen hin abgegrenzt werden kann. Es stellt sich dabei die Frage, was noch als kontinuierlicher Übergang gewertet werden kann und was bereits als Diskontinuität angesehen werden sollte. Diese Suche nach Diskontinuität ist in der ursprünglichen Grundtypendefinition nicht enthalten, spielte jedoch bereits in den allerersten Studien eine große Rolle.

Mit dem Begriff der Diskontinuität taucht eine Komponente auf, welche zu großen Teilen subjektiv ist. Das auf den ersten Blick objektive Kreuzungskriterium kann dem Grundtypkonzept also nicht zu einer klaren Definition verhelfen. Schon aus dem Grund, dass gar nicht so klar ist, was ein Grundtyp überhaupt ist, möchte ich das Grundtypkonzept nicht zur Grundlage dieser Arbeit machen und werde vorerst offen lassen, ob es Grundtypen oder andere Krebstiergruppen sind, die im Hinblick auf ökologische Ursachen der Fossilabfolge diskutiert werden sollten.

Polyvalenz. Ein Aspekt, der im Rahmen der Grundtypenbiologie häufig angeführt wird, soll jedoch auch hier zur Anwendung kommen: das Konzept der polyvalenten Stammformen. Demzufolge gehen die Vertreter einer Gruppe (eines Grundtyps) auf eine gemeinsame Stammform zurück, die ein großes genetisches Potential aufwies, und dadurch eine rapide Diversifikation der Organismengruppe ermöglichte. Auch wenn nicht direkt Bezug auf die taxonomische Einheit des Grundtyps genommen wird, kann der Polyvalenzgedanke dennoch als Arbeitshypothese dienen, da er sich in vielerlei Hinsicht als nützlich erwiesen hat, Befunde in der Evolutionsbiologie besser zu verstehen. Beispielsweise erfahren abrupt auftauchende Merkmale vor dem Hintergrund eines bereits bestehenden Potentials oft eine angemessenere Deutung als unter der Annahme einer makroevolutiven Neuentstehung (z.B.: Binder 2008; Heilig 2008a; Kutzelnigg 2008).

Die von polyvalenten Stammformen ausgehende Diversifikation wird häufig im Sinne einer adaptiven Radiation auf der Grundlage von extremer Mischerbigkeit gedeutet (vgl. Studien in Scherer 1993). Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Verteilung der Merkmale aus dem bestehenden Potential heraus tatsächlich auf Anpassungsprozesse zurückgeht oder nicht-adaptiv erfolgt. Nicht-adaptive Radiation könnte wesentlich schneller erfolgen als die Etablierung angelegter Merkmale durch natürliche Selektion (Wood 2005, 187-197). Eck (1988) spricht in dieser Hinsicht von „evolutiver Radiation“ im Kontrast zu „adaptiver Radiation“. Das genannte Potential sollte in diesem Sinne nicht nur auf die Existenz verschiedener Allele in der Ausgangspopulation zurückgeführt werden, sondern auch latente Genkomplexe, spezielle genetische Mechanismen zur Steigerung der Rate positiver Mutationen und zielgerichtete Mikroevolution in Betracht ziehen (vgl. Heilig 2008a).

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Evolution und Muster

Fossile Muster als Herausforderung für das Konzept der „nicht überlieferten Lebensräume“. Die postulierte Triebfeder nicht-phylogenetisch bedingter Fossilabfolgen – die sich ändernde Ökologie – folgt keinen festen Regeln und ist vielen unberechenbaren Schwankungen unterworfen. Auf dieser Grundlage stellt sich die Frage: Warum lassen sich in der (hypothetisch ökologischen) Abfolge der fossil in Erscheinung tretenden Organismengruppen Regelhaftigkeiten, Muster und Trends erkennen? Was sind die Mechanismen der ökologischen Sortierung?

Der Fossilbericht der Krebstiere weist das Muster einer Komplexitätszunahme auf. Auf eine zufällige Reihenfolge der Organismengruppen beim Verlassen der verschiedenen geologischen Lebensräume zu verweisen, um die Ordnung im Fossilbericht zu erklären, genügt nicht. Ein solcher systematischer Befund erfordert systematische Ursachen. Diese Faktoren der ökologischen Sortierung von fossilen Abfolgen sollen in diesem Artikel erarbeitet werden.

Fossile Muster als evolutive Trends? Auch phylogenetisch begründete Ansätze, die nicht nur auf den Lückenbüßer „Zufall“ zurückgreifen, stehen vor einem zu erklärenden Problem, wenn von Trends oder stratigraphischen Mustern gesprochen wird. Dieses komplexe Themenfeld soll in diesem Artikel nicht diskutiert werden. Generell merken jedoch auch Adamowicz et al. (2008, 4786), deren Arbeit hier besprochen wird, an: „Die meisten Naturwissenschaften arbeiten damit, Muster und Trends zu dokumentieren und daraus generelle Regeln abzuleiten. Die Evolution ist jedoch ein im Wesentlichen zufälliger Prozess, was bedeutet, dass evolutionäre Richtungen nur selten vorhergesagt werden können. Für vorgeschlagene evolutionäre Trends wie z. B. Copes Regel für die evolutionäre Größenzunahme in Abstammungslinien hat sich – generell betrachtet – gezeigt, dass sie nur einen geringen Vorhersagewert haben [...].“

Das hier diskutierte Muster ist so gesehen im Rahmen des Evolutionsparadigmas nicht unbedingt zu erwarten gewesen und verlangt von stammesgeschichtlich orientierten Erklärungsversuchen befriedigende Ansätze, stellt zugleich aber auch die Frage nach Alternativen. Die Tatsache, dass auch phylogenetische Erklärungsansätze für die Muster im Fossilbericht (bzw. für Muster in der Evolution) noch in ihren Kinderschuhen stecken, sollte auf Vertreter des hier diskutierten ökologischen Ansatzes ermutigend wirken. Es besteht hier die seltene Gelegenheit, die verschiedenen Ansätze – inklusive etwaiger Fortschritte und Rückschritte – angemessen zu vergleichen.

Ein systematischer Befund erfordert
systematische Ursachen.

Gerichtete Mikroevolution als Ursache? Auch wenn fossile Muster keinem ökologischen, sondern einem stammesgeschichtlichen Trend entsprechen, stellt sich die Frage nach der Triebfeder. Evolution als „ein im Wesentlichen zufälliger Prozess“ (s.o.; Hervorhebung nicht im Original) scheint wenig geeignet, regelmäßige Muster zu erklären. Anders sieht es aus, wenn der Evolutionsprozess nicht ziellos, sondern teleologisch, also sich an zukünftigen Bedürfnissen orientierend, abläuft. Das Konzept der polyvalenten Stammformen liefert dieses vorausschauende Element durch ein Anfangspotential, das in späteren Situationen von Vorteil wird. Die Komplexitätszunahme der Krebstiere könnte so gesehen ein nach und nach (den gesteigerten Bedürfnissen folgend) verwirklichtes, bereits in den Stammformen bestehendes Potential darstellen. Wenn man schon von einer phylogenetischen Erklärung ausgeht, scheint ein solcher Mechanismus weitaus naheliegender zu sein als ein ungerichteter. Möglicherweise ist die korrekte Erklärung der Komplexitätszunahme der Krebstiere auch eine Kombination eines solchen stammesgeschichtlichen und eines ökologischen Trends, die beide in dieselbe Richtung weisen. Beispielsweise könnte die monophyletische Klasse der Höheren Krebse (Malacostraca) eine ökologisch bedingt auftauchende Gruppe darstellen, während ihre Ordnungen durch evolutive Prozesse (auf der Grundlage eines bereits bestehenden Potentials?) herausgebildet worden sein könnten.

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Details zum Komplexitätszuwachs der Krebstiere

Im folgenden Abschnitt wird genauer erläutert, worin sich der Komplexitätszuwachs im Einzelnen zeigt. Er kann übersprungen werden, ohne dass dadurch der rote Faden verloren gehen sollte. Voraussetzung für spätere Überlegungen ist lediglich, dass die Ordnungen der Krebstiere im Verlauf des Fossilberichts immer mehr verschiedene Gliedmaßtypen (z.B. Waffen, Paddelwerkzeuge) aufweisen. Es gilt, die fossile Abfolge der Krebstierordnungen zu erklären.

Was genau wird komplexer? Die Arbeit von Adamowicz et al. (2008, 4786) hatte ihren Fokus auf der „morphologischen Differenzierung der Gliedmaßen“ bei Krebstieren. Dabei entdeckten die Autoren eine Komplexitätszunahme in verschiedener Hinsicht.

Abb. 3: Regressionsanalyse der Gliedmaßendiversität über das Phanerozoikum hinweg unter verschiedenen Gesichtspunkten (nach Adamowicz et al. 2008, 4787). Zugrunde liegen die jeweiligen Daten des erstmaligen fossilen Auftretens von 66 freilebenden Krebstierordnungen. Die Anzahl der verschiedenen Gliedmaßtypen nimmt ebenso zu wie der Brillouinwert. Die Anzahl der Gliedmaßenpaare bleibt konstant.

So gelang es den Autoren zu zeigen, dass die jüngeren der 66 untersuchten freilebenden und im Phanerozoikum (vgl. Abb. 2) auftauchenden Krebstiertaxa im Durchschnitt komplexer waren als die bereits früher in der fossilen Überlieferung in Erscheinung tretenden. Dies gilt jedenfalls, wenn man die Komplexität der einzelnen Körpersegmente und ihrer Gliedmaßen als Kriterium wählt. Die durchschnittliche Anzahl der Extremitätenpaare blieb für die Krebstiere über den untersuchten Abschnitt des Fossilberichts relativ konstant (Abb. 3B). Dagegen zeigt sich das Muster des Komplexitätsgewinns am deutlichsten an der Anzahl der zum jeweiligen Zeitpunkt im Fossilbericht auftretenden Gliedmaßtypen (Abb. 3C), also an der Anzahl der verschiedenen Arten von Anhängseln mit jeweils spezifischen Aufgaben und Funktionen (Waffen, Paddelwerkzeuge usw.). Auch die Quantifizierung des Komplexitätsgewinns mit Rückgriff auf den Brillouinindex (s.o.) zeigt eindeutige Ergebnisse (Abb. 3). Die von den Wissenschaftlern untersuchten Taxa sind auf der Ebene der Ordnungen anzusiedeln. Die Frage nach der Ursache für den Trend der Komplexitätszunahme bei den Krebstieren korrespondiert also mit der Frage nach den Gründen für das spezifische Muster der Abfolge der Ordnungen der Krebstiere. Sowohl phylogenetische als auch ökologische Ansätze (oder Kombinationen daraus) haben also dieses Muster zum Gegenstand. Wie tief das Muster reicht – ob wirklich bis zu den einzelnen Ordnungen hinab oder nur zu Ordnungsgruppen, wie etwa den Klassen – wird später diskutiert.

Abb. 4: Wenn innerhalb einer größeren Klade eine Veränderung in eine bestimmte Richtung beobachtet wird (hier: gesteigerte Komplexität; A), kann dies aus evolutionstheoretischer Sicht verschiedene Gründe haben. Wie in B dargestellt könnte sich dieses Bild aus dem zufälligen Aussterben einiger weniger komplexen Untergruppen in Kombination mit der Entstehung einiger komplexerer Gruppen ergeben. Von einem eigentlichen Trendkann hierbei nicht gesprochen werden, da sich innerhalb der Abstammungslinien (zwischen den grauen Kästchen in B) keine Komplexitätszunahme abzeichnet. Ein realer evolutionärer Trend liegt nur vor, wenn (wie in C dargestellt) es zu einem parallelen Komplexitätsgewinn in mehreren Unterabstammungslinien kommt. (Nach Adamowicz et al. 2008)

Komplexitätszunahme in Untergruppen der Krebstiere. In einem zweiten Schritt versuchen die Autoren nachzuweisen, dass die beobachtete allgemeine Veränderung auch tatsächlich einem Trend in der Evolution der Krebstiere entspricht. Ist die Verschiebung zu höherer Komplexität auf parallele Evolution in mehreren Abstammungslinien von einem homologen Stadium aus zurückzuführen (und liegt damit ein „aktiver“ Trend in eine bestimmte Richtung vor)? Oder wurden lediglich einige weniger komplexe Gruppen durch komplexere ersetzt (Abb. 4; vgl. McShea 1994; Alroy 1998; 2000)? Um diese Fragen zu beantworten, wählten die Autoren 12 Abstammungslinien aus, wie sie im Rahmen der Evolutionsbiologie angenommen werden, und untersuchten diese individuell auf einen Komplexitätszuwachs. In 11 Fällen ließ sich auch hier eine solche Komplexitätsverschiebung im Hinblick auf alle Kriterien, wiederum mit Ausnahme der Gesamtanzahl an Gliedmaßen, feststellen (Abb. 5). Adamowicz et al. verglichen in der Regel jeweils eine „lebende“ Ordnung mit einer „fossilen“ derselben Klasse (siehe dazu „Appendix E“ ihrer Arbeit).

Kein Nachweis eines evolutiven Trends. Adamowicz et al. (2008) gehen bei ihren Überlegungen von einer stammesgeschichtlichen Ursache der Veränderung im Komplexitätsniveau der Krebstierordnungen aus. Sowohl der Trend durch parallele Evolution als auch die Verschiebung durch Aussterben und Entstehung einiger komplexerer Formen haben evolutive Neukonstruktionen als Basis, die dem fossilen Auftreten einer Krebstiergruppe vorausgegangen sein sollen. Von diesen zwei Optionen scheint die Hypothese des parallelen Komplexitätsgewinns (Trend) tatsächlich die plausiblere. Dass es sich dabei aber tatsächlich um ein evolutiv (stammesgeschichtlich) bedingtes Muster handelt, wird dadurch nicht gezeigt, da gar keine andere Option zur Diskussion gestellt wird. Die Entscheidung, ob der Trend tatsächlich auf einer phylogenetischen oder doch eher auf einer ökologischen Ebene erfolgte, muss auf der Basis anderer Kriterien gefällt werden. Diese werden im weiteren Verlauf dieses Artikels erarbeitet.

Implikationen für Erklärungsversuche der Komplexitätszunahme. Die Beobachtung der Komplexitätszunahme innerhalb von Klassen ist aber durchaus nicht unwichtig: In diesem Artikel soll es um die Frage gehen, wie der Trend zu größerer Gliedmaßenkomplexität bei den Krebstieren verstanden werden kann, wie ökologische Ansätze aussehen müssen und wie sie mit stammesgeschichtlichen verglichen werden können. Eine grundlegende Frage in diesem Zusammenhang ist, auf welcher Ebene die Grenzen der Untergruppen anzusiedeln wären, deren Abfolge im Fossilbericht den Eindruck des Komplexitätsgewinns erzeugt. Dafür ist die im letzten Abschnitt erläuterte Beobachtung von großer Bedeutung. Der in Abb. 2 sichtbare Trend wäre auch verständlich, wenn beispielsweise lediglich die Sequenz der Klassen der Krebstiere eine systematische Ursache hätte, während die Differenzierung in ihre Ordnungen durch ungerichtete Evolutionsmechanismen, die keinem Trend unterworfen waren, erfolgte. Hinzu kommt nun aber, dass klar ist, dass auch innerhalb einer Klasse ein Komplexitätszuwachs zwischen verschiedenen Ordnungen zu verzeichnen ist. Das Muster reicht bis auf die Ebene der Ordnungen hinab. Ein ökologischer Erklärungsversuch, der das gesamte Muster erklären will, muss also auch auf der Ebene der Ordnungen ansetzen. Der zu erklärende Trend zu höherer Gliedmaßenkomplexität entspricht der spezifischen Abfolge der Krebstierordnungen. Weshalb diese Ordnungsabfolge und keine andere? Weshalb findet man Decapoden (s.u.) erst im Oberen Devon und warum taucht diese Ordnung nicht schon früher auf? Waren sie einfach noch nicht evolviert, oder besiedelten sie geologisch nicht überlieferte Lebensräume, aus denen sie erst aufgrund einer veränderten Ökologie heraustraten? Auch wenn die Möglichkeit einer Kombination evolutiver und ökologischer Trends besteht, soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, das gesamte Muster – also die Abfolge der Ordnungen – ausschließlich ökologisch zu erklären.2

Abb. 5: Komplexitätsverschiebung (in Anlehnung an Cisne 1974 quantifiziert) zwischen 12 Paaren fossiler und rezenter Krebstierordnungen jeweils derselben Klasse.

Zusammenhang zwischen Komplexitätsniveau und Auftauchen/Verschwinden der Ordnungen im Fossilbericht. Als dritte Beobachtung führen die Autoren einen Zusammenhang zwischen Entstehungs- und Aussterbeereignissen von Krebstierordnungen und ihrer Komplexität an. Neu in Erscheinung tretende Taxa hatten eine größere Anzahl an Extremitätentypen und wiesen einen höheren Grad an Gliedmaßendifferenzierung auf als der damalige Durchschnitt der bereits bestehenden und schon früher aufgetauchten Taxa. Aus dem Fossilbericht verschwindende Taxa hingegen waren nach Aussage der Autoren weniger komplex als der jeweilige Durchschnitt zu diesem Zeitpunkt.

Paläontologischer Trend und heutige Situation. Als vierten Punkt kann man der Arbeit entnehmen, dass die Muster der heutigen Krebstiere zumindest teilweise den paläontologischen Trend wiedergeben. So besteht ein eindeutiger positiver Zusammenhang zwischen dem Artenreichtum heutiger Krebstierordnungen und ihren Tagmosiswerten: Ordnungen mit einer hohen Artendiversität weisen tendenziell hohe Werte für die Anzahl an Gliedmaßtypen auf. Eine Beziehung zwischen Artenvielfalt und der Gesamtanzahl an Gliedmaßen besteht nicht, woraus Adamowicz et al. (2008, 4788) schlussfolgern, dass die „Gliedmaßenanzahl in keiner Beziehung mit der Diversifikation“ steht. Während Adamowicz et al. (2008) einen Zusammenhang zwischen Tagmosisgrad und Diversität auf der Artenebene (Anzahl Arten einer Ordnung) nachweisen konnten, war es Cisne (1974) bereits gelungen, eine positive Korrelation zwischen einem hohen Maß an Tagmosis und der Ordnungsdiversität (also Ordnungsanzahl über die Erdgeschichte hinweg) bei wasserlebenden Arthropoden aufzuzeigen.

Weitere Aspekte der Arbeit von Adamowicz et al. (2008). Zusammenfassend meinen Adamowicz et al. (2008, 4786) zu diesen Ergebnissen, sie böten „eine seltene Demonstration eines weitreichenden und vermutlich kanalisierten („driven“) Trends, der in mehreren unabhängigen Stammeslinien auftritt und sowohl die Gestalt als auch die Anzahl der Spezies beeinflusst – über die langen Zeiträume der Erdgeschichte hinweg bis zum heutigen Tag“.

In der anschließenden Diskussion der Ergebnisse rechtfertigen die Autoren ihre Schlussfolgerung, dass ein genereller Komplexitätszuwachs innerhalb der Krebstiere während des Phanerozoikums vorliegt und weshalb nicht davon auszugehen ist, dass dieser das Resultat von Zufallsbewegungen („random walks“) ist. Weiterhin merken sie an, dass ein erreichtes Komplexitätsniveau im weiteren evolutiven Verlauf nur noch gesteigert wird. Ausnahmen stellen Bewohner von Grenzbiotopen (z.B. Höhlen) dar, die für Lebewesen eine besondere ökologische Herausforderung darstellen.

Unter anderem deswegen spekulieren die Autoren auch, dass der dem Trend zugrundeliegende Mechanismus eine Kombination ökologischer Konkurrenz und einer ontogenetisch bedingten Kanalisation (vgl. Flatt 2005) sein könnte.

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Der Rahmen des ökologischen Erklärungsversuchs

Schlüsselneuheit. Wie können die im vorangegangenen Abschnitt erläuterten Ergebnisse im Rahmen einer ökologisch begründeten Abfolge der Krebstierordnungen verstanden werden? Der Aspekt des Komplexitätsgewinns fordert wohl am stärksten eine Erklärung ein. Ein Erklärungsansatz könnte in der Überlegung stecken, mit welcher Adamowicz et al. (2008, 4788) den Zusammenhang zwischen paläontologischer und heutiger Situation kommentieren:

„Auch wenn es sehr schwer ist, etwas Sicheres über die Ursachen zu sagen, ist es doch möglich, dass die Evolution neuer Gliedmaßtypen entscheidend für den Antrieb der Diversifikation war (‘key innovation’-Hypothese). Vielleicht trägt eine größere Diversität an Gliedmaßtypen innerhalb eines Individuums zur weiterführenden ‘Evolvierbarkeit’ oder ‘Anpassungsfähigkeit’ einer Stammeslinie bei, indem sie es ermöglicht, dass neue und verschiedene Funktionen leichter entstehen und indem sie die Nischendiversifikation vorantreibt.“

Ein phylogenetischer Bezug
ist in den meisten Fällen gar nicht
angebracht oder zumindest unnötig.

Mit anderen Worten: Die evolutive Neukonstruktion einer Struktur ist in einer bestimmten ökologischen Situation von großer Bedeutung und fördert die weitere Diversifikation der Gruppe, indem sie eine adaptive Radiation ermöglicht (vgl. Bond & Opell 1998). Die „key innovation“ ist in der Regel bereits mit einer evolutiv-phylogenetischen Interpretation belegt. Es wird damit nicht nur ein Merkmal bezeichnet, das eine gewisse funktionelle Bedeutung für die weitere Diversifikation einer Organismengruppe hat, sondern auch ausgesagt, dass dieses in eine vorangegangene Evolutionsgeschichte eingebunden ist. So definieren Heard & Hauser (1995) die „key innovation“ als „eine evolutive Veränderung in einem individuellen Merkmal oder individuellen Merkmalen, welche ursächlich mit einer gesteigerten Diversifikationsrate im resultierenden Stamm verbunden ist“. Und Futuyma (2007, 154) wird noch deutlicher, wenn er von einer „Schlüsselanpassung“ („key adaption“) spricht. Diese sei „eine Anpassung, welche es einem Organismus erlaubt, eine völlig neue ökologische Nische zu besetzen“ (ähnlich Miller 1949; van Valen 1971; Baum & Larson 1991; Rosenzweig & McCord 1991). In diesem Sinn bietet es sich an, im Deutschen von einer „Schlüsselneuheit“ zu sprechen.

Schlüsselmerkmal. Generell ist dieser phylogenetische Bezug aber in den meisten Fällen gar nicht angebracht oder zumindest unnötig. Wenn man „key innovations“ beispielsweise als phänotypische Merkmale versteht, die „Organismen Zugang zu neuen ökologischen Ressourcen geben und rapide, manchmal spektakuläre, adaptive Radiation verursachen“ (so Pellmyr & Krenn 2002, 5498), ist dies eine lediglich funktionelle Beschreibung ohne Bezug zum Ursprung des Merkmals. Da die durch Merkmalsvergleiche und Fossilien abgeleitete Stammesgeschichte des Lebens in der gegenwärtigen Biologie als Leitparadigma gilt, werden neu auftauchende Merkmale jedoch automatisch als Ergebnis des Evolutionsprozesses betrachtet und meist als Schlüsselneuheiten bezeichnet. Bei der rein funktionalen Bedeutung der fossilen „key innovation“ ist es im Prinzip gleichgültig, woher das „neue“ Merkmal ursprünglich stammt: Ob es durch einen evolutiven Prozess de novo (ganz neu) entstand oder schon zuvor in einer bestimmten Organismengruppe vorhanden war, die bis dato jedoch in einem geologisch nicht überlieferten Biotop lebte. Während für den ersten Fall die makroevolutive Entstehung neuer Konstruktionen (bzw. neuer Gruppen) die direkte Voraussetzung wäre, müsste dem zweiten Fall eine Änderung der ökologischen Bedingungen vorausgehen. Statt dass sich eine Gruppe A zur Gruppe B entwickelt, verändert sich im zweiten Fall die Umwelt so, dass eine bereits existierende Gruppe B einer bis dato existierenden Gruppe A überlegen wird und sich ausbreitet. Die neue – für B passende – Umwelt erlaubt dieser Gruppe nun die Diversifikation. Entscheidend wäre hier also nicht eine Anpassung des Organismus an seine Umwelt, sondern die Veränderung der Umwelt in eine bestimmte Richtung, sodass sie passend für eine bestimmte (schon vorhandene) Gruppe wird. Getreu dem Motto: Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg sich eben zum Prophet begeben. Wenn ein Merkmal jedoch schon ohne phylogenetischen Bezug definiert ist und in diesem Sinn verwendet wird, ist es nur konsequent und vermeidet Missverständnisse, wenn es mit einer dementsprechenden Bezeichnung belegt wird. Daher wird hier vorgeschlagen, von „key characters“ – Schlüsselmerkmalen – zu sprechen, wenn damit lediglich ein Merkmal gemeint ist, welches aufgrund seiner „Schlüsselrolle“ von Bedeutung ist, ohne dass etwas über seinen Ursprung gesagt wird.

Soll ein solches Merkmal dann in einem stammesgeschichtlichen Rahmen als Neukonstruktion interpretiert werden, ist es sinnvoll, von einer Schlüsselneuheit (key innovation) zu sprechen. Andererseits könnte sich herausstellen, dass das in Frage stehende Schlüsselmerkmal – bevor es zur Diversifikation einer Tiergruppe beitrug – zur Ausstattung einer bereits existierenden, aber geologisch noch nicht überlieferten Organismengruppe gehörte, also eine „Präadaption“ darstellt.

Hierzulande hat sich leider für „key innovation“ die unpassende, da ohne stammesgeschichtlichen Bezug auskommende, Übersetzung „Schlüsselmerkmal“ eingebürgert (Rieppel 1999, 93; vgl. Sudhaus & Rehfeld 1992, 168ff.). Die hier vorgeschlagene Begriffszuordnung – die Differenzierung zwischen bloßem Schlüsselmerkmal und evolutiv interpretierter Schlüsselneuheit („key innovation“) vermeidet solche Unklarheiten.

Präadaption. Die Frage, woher die neue Organismengruppe mit ihrer Merkmalsausstattung ursprünglich kommt, ist beim Verweis auf ein Schlüsselmerkmal wie gesagt zunächst ausgeklammert. Sie könnte mit ihren Schlüsselmerkmalen evolutiv entstanden sein. Dabei soll ein schon im Vorhinein durch evolutive Mechanismen hervorgebrachtes – präadaptives – Merkmal durch eine Umweltveränderung neu bewertet und dadurch in den Rang eines Schlüsselmerkmals erhoben werden (vgl. von Hagen & Kadereit 2003). Hunter (1998, 34) meint im Hinblick auf die Suche nach Merkmalen, die für eine Diversifikation verantwortlich sind, beispielsweise: „Man mag versucht sein, Merkmale zu vernachlässigen, welche entstanden sind, als die Radiation noch lange nicht stattfand. Tatsächlich ist es jedoch so, dass diese Merkmale eine Radiation ermöglichen, sobald biotische oder abiotische Bedingungen für die Ausbreitung günstig werden.“

Abb. 6: Übersicht über mögliche Interpretationen von im Fossilbericht neu auftauchenden Merkmalen. Erläuterungen sowie Unterscheidungsmöglichkeiten im Text.

Von „Präadaption“ zu sprechen, bedeutet zunächst nur, dass ein Merkmal bereits vor seiner neuen Bedeutung durch eine veränderte Umwelt existiert hat. Dieser Bezug auf ein zukunftsorientiert scheinendes Potential ist in der ateleologisch orientierten Evolutionsbiologie natürlich ein gewisses Problem. Das später bedeutsam werdende Merkmal wird in diesem Kontext daher als Anpassung an (zu einem früheren Zeitpunkt) gegenwärtige Bedingungen betrachtet und nicht etwa als Anpassung an diese zukünftigen – für ungerichtete Prozesse unsichtbaren – Umstände. Alternativ kann „Präadaption“ jedoch auch teleologisch verstanden werden. Die Anpassung an zukünftige Umstände erfolgt unter Vorwegnahme eben dieser zukünftigen Situation. Eine solche Zukunftsorientierung erfordert eine intelligente Quelle, sodass ein auf diese Weise entstehendes Merkmal im wahrsten Sinne des Wortes für eine zukünftige Situation „gedacht“ ist. Zur Spezifizierung dieser intelligenten Ursache siehe den Beitrag zu den Honigfressern in dieser Ausgabe (Heilig 2009; vgl. Heilig 2008b).

In Abb. 6 wird eine Übersicht über Verständnismöglichkeiten von fossil auftretenden Schlüsselmerkmalen gegeben. (Diese Unterteilung kann auch sinnvoll für Beobachtungen gemacht werden, die sich nicht auf den Fossilbericht, sondern auf empirisch beobachtete Populationen beziehen. Siehe dazu den Kastentext.) Diese Interpretationsoptionen stehen prinzipiell auch im Hinblick auf das hier diskutierte Beispiel der Krebstiere offen. Im nächsten Abschnitt sollen daher Kriterien erarbeitet werden, anhand derer eine Unterscheidung der Phänomene im Einzelfall ermöglicht werden könnte.

Unterscheidung von Präadaption und Schlüsselneuheit im Fossilbericht: Ökologischer Kontext des Schlüsselmerkmals. Die Konzepte der nicht überlieferten Lebensräume und der auf polyvalente Stammformen zurückgehenden Organismengruppen regt neue Forschung an. Je nachdem, ob man von präadaptiven oder innovativen Schlüsselmerkmalen ausgeht, ergeben sich nämlich ganz verschiedene Erwartungen an den Fossilbericht, die jeweils getestet werden können, wodurch die verschiedenen Erklärungen an Plausibilität gewinnen oder verlieren. Von Schlüsselneuheiten würde man beispielsweise erwarten, dass sie auch auftreten, ohne dass dem eine unmittelbare Umweltveränderung vorausgeht (also diese schon länger zurückliegt). Denn es ist unplausibel, dass der angebliche Erfindungsreichtum der Natur immer genau dann abrufbereit ist, wenn sich ändernde Umweltbedingungen danach verlangen. Nur im Rahmen eines bereits bestehenden Merkmalsreservoirs ist davon auszugehen, dass die Antworten der Organismenwelt auf neue Herausforderungen aufgrund von Umweltveränderungen stets prompt erfolgen.

Die Hypothese, dass ökologische Gründe für die Abfolge der Gruppen verantwortlich sind, kann also durch das Aufzeigen eines exakten Zusammenhangs zwischen dem fossilen Auftreten dieser Gruppen mit ihren Schlüsselmerkmalen und ökologischen Veränderungen zu jener Zeit belegt werden. Dabei würde das Konzept gestärkt, wenn neue Konstruktionen in Form „neuer“ Gruppen genau dann im Fossilbericht auftauchten, wenn kurz zuvor eine zum Schlüsselmerkmal passende Veränderung der Ökologie zu verzeichnen wäre. Trends in der Abfolge dieser Gruppen sollten recht exakt mit Trends in der Veränderung der Ökologie korrelierbar sein. Es könnte jedoch sein, dass mit dem Schlüsselmerkmal andere, in der gegenwärtigen Ökologie eigentlich wenig nützliche Merkmale „huckepack“ genommen werden, weil sie auch zur Ausstattung der sich aufgrund des Schlüsselmerkmals ausbreitenden Gruppe gehören. Möglicherweise liefert dieser Ansatz eine Erklärung für bereits unerwartet früh in der Fossilüberlieferung auftauchende „moderne“ Merkmale, für deren Entstehung es oft schwierig ist, Selektionsdrücke zu rekonstruieren.

Das Konzept der „ökologischen Sortierung“ schwächen würde es, wenn auf Umwälzungen der Ökologie hin nur manchmal und dann nach unregelmäßigen, langen Zeiträumen Problemlösungen gefunden würden bzw. Neukonstruktionen (und neue Gruppen) ohne unmittelbare ökologische Veränderungen zu verzeichnen wären.

Für eine rein phylogenetisch bedingte Sukzession höherer taxonomischer Kategorien würde es sprechen, wenn gezeigt werden könnte, dass ein Merkmal graduell in ein Schlüsselmerkmal transformiert wurde, wenn also die eine Gruppe aus der anderen allmählich und direkt hervorginge (und damit nicht bereits davor getrennt von ihr existierte). Sind die morphologischen Einschnitte zwischen den Gruppen jedoch größer und tauchen neue Merkmale sprunghaft und komplett ausgebildet auf, würde das gut zu einer nicht-phylogenetischen, ökologischen Interpretation passen. Dies ist zumindest dann zu erwarten, wenn man von Diskontinuität zwischen den „Cuvierschen Einheiten“ ausgeht.

Differenzierung der Option „Präadaption“. Wie kann nun der eigentliche Ursprung des präadaptiven Organismen-/Merkmalsaufgebots näher bestimmt werden? Auf ateleologische Präadaption zu verweisen liefert noch keinen konkreten Entstehungsmechanismus, sondern schiebt das Erklärungsbedürftige nur auf eine andere Ebene und verschärft das zu lösende Problem sogar: Die Frage ist nämlich, wie im Rahmen der Synthetischen Evolutionstheorie ein Merkmal entstehen kann, das eine komplexe Problemlösung für spätere Umweltbedingungen darstellt, auf das aber schon in der Gegenwart selektiert werden muss. Dies ist vielleicht für wenig spezifische Strukturen denkbar, jedoch nicht für Konstruktionen, die sehr genau zur neu auftauchenden Ökologie passen, für die in der Vergangenheit jedoch keine entsprechenden (höchstens ähnliche) Selektionsdrücke existiert haben können. Wenn es möglich wäre, solche Situationen im Fossilbericht ausfindig zu machen, würde dadurch die Interpretationsmöglichkeit „evolutive Präadaption“ geschwächt. Dadurch würden Ansätze an Plausibilität gewinnen, bei denen die Präadaption tatsächlich eine Anpassung an zukünftige Bedingungen darstellt, die also teleologische Elemente enthalten.

Ateleologische Präadaption in Kombination mit einer Umweltveränderung scheint außerdem eine schlechte Erklärung für das Auftreten von Schlüsselmerkmalen im Fossilbericht zu sein, da diese in der Regel schon vor der von Hunter genannten Radiation im Fossilbericht auftauchen, wenn auch noch nicht mit derselben Häufigkeit wie später (nach der Neubewertung). Hier geht es jedoch um den Ursprung von Merkmalen, die neu im Fossilbericht auftauchen, weil sie in ihrer Organismengruppe zuvor in geologisch eben nicht überlieferten Lebensräumen existierten und ihre Funktion als Schlüsselmerkmal bereits vom erstmaligen Auftreten an haben.

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Ökologischer Erklärungsversuch der Abfolge der fossilen Krebstierordnungen

Komplexitätszunahme der Krebstierordnungen = Komplexitätszunahme der Ökologie? Der relativ konstante Zuwachs von Gliedmaßtypen bei den Krebstieren könnte auf der Grundlage des bisher Erarbeiteten auch auf einen anderen konstanten Trend zurückgeführt werden: Von einer unspezialisierten Ökologie der frühen Erde ausgehend würde eine immer komplexer werdende Ökologie immer weiter differenzierte Lebensräume entwickeln. Diese neuen, immer spezialisierteren Möglichkeiten könnten von dementsprechend komplexeren Ausstattungen der – sich bis dato in geologisch nicht überlieferten Lebensräumen befindenden – Krebstiergruppen genutzt werden. Solche Krebstiergruppen könnten außerdem Barrieren überwinden, welche sich simpleren Formen angesichts komplexer Umweltgegebenheiten als unüberwindbare Hürden in den Weg stellen würden. Dabei wären komplexe (aber eben nicht „neue“) „Gliedmaßtypen entscheidend für den Antrieb der Diversifikation“ (Adamowicz et al. 2008, 4788; s.o.), da sie die Besiedlung vielschichtiger Lebensräume erlaubten. Da die Entwicklung der Ökologie sicher nicht linear erfolgt, hat diese allgemeine Tendenz (siehe auch Maas et al. 2006; Boxshall 2004) natürlich auch ihre Ausnahmen, wie etwa beeindruckend komplexe Werkzeuge zur Nahrungsaufnahme bereits im frühen Kambrium (Butterfield & Harvey 2008).

Anzumerken ist noch, dass die komplexeren Formen nicht prinzipiell „höherentwickelt“, „besser“ oder „überlegen“ im Vergleich zu den schlichter ausgestatteten sind: In der weniger spezialisierten Umwelt der frühen Erde bieten letztere die effizienteste Lösung (vgl. zur Problematik der unzulässigen Wertung von Merkmalsausprägungen Kutzelnigg 2008).

Schlüsselmerkmale. Der Trend zur komplexeren Gliedmaßausstattung betrifft wie oben beschrieben die Fossilsequenz der Krebstierordnungen (und nicht etwa nur die Abfolge übergeordneter Kategorien). Ein Konzept, das diesen Trend ausschließlich ökologisch erklären möchte, muss folglich auch auf dieser taxonomischen Ebene ansetzen. Vor dem Hintergrund des zum „Schlüsselmerkmal“ Gesagten stellt sich daher die Frage, ob die Ordnungen der Krebstiere im Hinblick auf ihre Gliedmaßen durch Merkmale voneinander getrennt sind, die als Schlüsselmerkmale hätten fungieren können. ln der Tat ist bereits aus früheren Arbeiten bekannt, dass zwischen Ordnungen der Krebstiere teils erhebliche Unterschiede in der Gliedmaßausstattung auftreten (Cisne 1974; Flessa et al. 1975).

Diversifikation auf der Basis polyvalenter Stammformen. Zur Vorstellung mikroevolutiver Diversifikation auf der Grundlage polyvalenter Stammformen der Krebstierordnungen passen auch die Ergebnisse dieser Studien, denen zufolge innerhalb der Ordnungen nur wenig Variation zu finden ist. Auch die Beobachtung von Adamowicz et al. (2008), dass Ordnungen mit einer größeren Anzahl Gliedmaßtypen einen höheren Artenreichtum aufweisen als andere Ordnungen, passt gut in diesen Deutungsrahmen: Nachkommen polyvalenter Stammformen mit vielen verschiedenen Werkzeugen hätten auch viele verschiedene Lebensräume besiedeln und somit viele spezialisierte Arten bilden können.

Geologisch nicht überlieferte Lebensräume. Gibt es bereits Beispiele für im Fossilbericht längere Zeit nicht auftauchende Krebstiere aufgrund geologisch nicht überlieferter Lebensräume? In der Tat wird auch im Rahmen ihrer Stammesgeschichte von zum Teil sehr langen Zeiträumen ausgegangen, in denen Krebstiergruppen nicht fossil überliefert worden sein sollen. Wills (1998, 466) veröffentlichte beispielsweise Abb. 2, welche auf der Grundlage eines Kladogramms und fossiler Daten erstellt wurde. Deutlich ist zu sehen, wie bei Zugrundelegen dieser Stammesgeschichte die Annahme von sogenannten „ghost ranges“ (in großem Ausmaß!) notwendig wird.

Abb. 7: Roter Amerikanischer Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) (Public Domain)

Auch Stephan (2002) nennt einige Beispiele, wie etwa Krebse aus dem Nusplinger Plattenkalk (S. 84f.), die aus benachbarten Biotopen eingewandert sein sollen. In ihren hypothetischen ursprünglichen Habitaten sei die Wahrscheinlichkeit einer Fossilisation aufgrund ständiger Bewegungen der Sedimente unwahrscheinlich gewesen. Des Weiteren nimmt Stephan (2002, 85f.) Bezug auf Schweigert & Dietl (1999, 9), die davon berichten, dass der Krebs Coleia longipes zwischenzeitlich für gut 40 Millionen Jahre fossil nicht überliefert wurde, weil er an einen ganz speziellen Lebensraum angepasst war, „der nur ein sehr geringes geologisches Überlieferungspotential besaß“. Stephan (2002, 110f.) verweist außerdem auf die Ordnung der Leptostraca, die für 250 Millionen Jahre ohne fossile Überlieferung geblieben sein soll. Auch die Familie Anaspididae ist fossil seit der Trias nicht mehr vertreten und soll die Zeit bis heute (also für ca. 210 Millionen Jahre) in geologisch nicht überlieferten Lebensräumen überdauert haben (S. 112f.).

Der Gedanke, dass im Fossilbericht auftauchende Krebstiere schon zuvor längere Zeit – in geologisch nicht überlieferten Lebensräumen – existieren konnten, ist also durchaus nicht so abwegig. Das zeigt sich auch an folgendem Beispiel:

Die Ordnung der Zehnfußkrebse (Decapoda, Abb. 7 zeigt einen Vertreter), enthält die für uns in kulinarischer Hinsicht wichtigen Krebstiere Hummer, Krabben und Garnelen. Sie taucht im Oberen Devon durch Palaeopalaemon newberryi das erste Mal fossil auf (Schram et al. 1978). Der Ursprung der Decapoda soll jedoch nicht im Devon liegen. Vielmehr sollen Vertreter dieser Ordnung in geologisch nicht überlieferten Lebensräumen schon lange Zeit zuvor existiert haben (Schram 2001; Schram 2009). Diese Annahme hat folgenden Grund: P. newberryi ist nach evolutionären Gesichtspunkten bereits sehr „fortschrittlich“ und taucht nach einer Analyse von Schram & Dixon (2005) weit oben im Stammbaum der Decapoda auf. Die „Wurzeln“ dieses Baumes müssen daher weit zurückreichen – auch wenn sie fossil nicht überliefert sind. Schram (2009) schreibt über den Ursprung der Decapoda im Hinblick auf die Frage, wie weit zurück noch ausstehende Funde reichen könnten, die für den Ursprung der Decapoda relevant wären: „Wie weit zurück? Bis ins Ordovizium? Bis ins Silur? Bis ins Kambrium? Wir können es noch nicht sagen.“ Eine bemerkenswerte Feststellung!

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Weitere Muster und Anwendungen

Zwischenformen: Mosaikartiges Merkmalsmuster im Kontext einer intermediären Ökologie. Mit der Vorarbeit der Identifizierung der „Cuvierschen Einheiten“ bzw. dem Korrelieren von Ökologie und Schlüsselmerkmal (bzw. neu auftauchender Gruppe) würde die Basis für weitreichende Neuinterpretationen des Fossilberichts geschaffen. So könnten auch andere Muster vor diesem Hintergrund verstanden werden: Beispielsweise wäre es eine Option, das Auftreten von Zwischenformen im Fossilbericht ökologisch zu erklären. Diese stehen aufgrund ihrer morphologischen Merkmale zwischen zwei größeren Organismengruppen, eignen sich jedoch als evolutive Bindeglieder schlecht, da sie keine unfertigen, halb ausgebildeten Einzelmerkmale aufweisen (vgl. Junker & Scherer 2006, VI.14), sondern nur eine oft widersprüchliche Kombination von vollständigen Merkmalen der beiden einschließenden Gruppen. Auch im Rahmen des hier vorgestellten Erklärungsansatzes stehen Zwischenformen zwischen zwei Organismengruppen – jedoch nicht in einem evolutiven Stammbaum, sondern in Bezug auf ihr Merkmalsmuster, das in einer bestimmten Übergangsökologie vorteilhaft ist. Diese steht zwischen der Ökologie der im Fossilbericht vorangehenden und der nachfolgenden Organismengruppe und fördert daher das fossile Auftreten der durch passende Schlüsselmerkmale ausgestatteten Mosaikform. Zu dieser Vorstellung würde passen, dass viele Zwischenformen sehr spezialisierte Organismen sind – oft mit hochspezifischen Konstruktionen ausgestattet – und keine unspezialisierten, fließenden Übergänge darstellen (für den Wasser-Land-Übergang siehe beispielsweise Junker 2004a/2004b/2005a/2006). Einzelstudien müssen zeigen, ob in einer postulierten Stammesgeschichte anscheinend vermittelnde Gruppen wirklich aufgrund ihrer evolutiven Neuentstehung im Fossilbericht auftauchen, oder ob die genannten ökologischen Gründe den jeweiligen Befund besser erklären.

Ein ähnlicher Erklärungsansatz findet sich bei Wood & Murray (2003, 190), die auch von einer Art „Übergangsökologie“ ausgehen. Allerdings ordnen sie diese nicht in ein zeitliches Gefüge ein, wie hier geschehen, sondern in ein geographisches im Sinn einer ökologischen Zonierung: „Wenn die Grenzregion zwischen der von Säugetieren und der von Dinosauriern belebten Zone einen scharfen ökologischen Übergang darstellt, ist es möglich, dass Zwischenformen, die lange als Hinweis auf eine Evolution interpretiert wurden, eigentlich Beleg eines ökologischen Übergangs sind.“ Wise (1995, 220) verweist in ähnlicher Weise darauf, dass die bekannten säugetierähnlichen Reptilien (Junker & Scherer 2006, 243ff.; Woodmorappe 2001), die stratigraphisch zwischen Reptilien und Säugetieren auftreten, ihren Status als Mosaikformen zu einem großen Teil aufgrund intermediärer Zahnausstattung innehaben. Dies wiederum führt er auf ein Nahrungsspektrum zurück, das in seiner Zusammensetzung zwischen dem der Reptilien und dem der Säugetiere lag. Auch Wise geht von einer geographischen Trennung der Biotope aus. Die Überlegungen können jedoch auch auf das Konzept der geologisch nicht überlieferten Lebensräume übertragen und in eine zeitliche Abfolge eingeordnet werden.

Der Zeitrahmen. Komplexe fossile Abfolgen von taxonomisch höher stehenden Organismengruppen können vor dem Hintergrund präadaptiver (potentieller) Schlüsselmerkmale und unter der Annahme gestörter Umweltbedingungen auch in kurzen Zeiträumen verstanden werden: Einem neuen Schlüsselmerkmal muss nicht zuerst einmal eine lange Zeitspanne bis zum nächsten „Geniestreich“ der Evolution folgen – vielmehr sind die Organismengruppen mit ihrer Merkmalsausstattung bereits in Startposition und können auf sich ändernde Umweltbedingungen sofort reagieren, indem sie durch ihre jeweils passenden Schlüsselmerkmale und das vorhandene Anpassungspotential einen ökologischen Raum dominieren können. Diese Feststellung ist sowohl für einen alternativen Kurzzeitrahmen der Erdgeschichte von Bedeutung als auch relevant für Interpretationen fossiler
Phänomene in einem herkömmlichen Zeitrahmen. Muster explosionsartiger Makroevolutionsereignisse (wie etwa zu Beginn des Kambriums, s.o.), für die bis heute keine angemessenen Evolutionsmechanismen gefunden werden konnten (Valentine 2004, 194), könnten als Ergebnis ökologischer Umwälzungen in einem solchen – geologisch betrachtet – „kurzen“ Zeitfenster angemessen erklärt werden (vgl. Stephan 1994, 10).

Dank: Ich danke Theresa Haller, Reinhard Junker, Niko Winkler, Manfred Stephan, Harald Binder und Sven Namsor für viele kritische und hilfreiche Anmerkungen.

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Anmerkungen

1 Damit liegt auch ein Erklärungsansatz für die theologisch motivierte Annahme der biblischen Schöpfungslehre vor, wonach alle Grundtypen innerhalb der Schöpfungswoche erschaffen wurden (vgl. dazu Junker 2005b, 8f., 35). Ökologische und evolutive Erklärungsmuster müssen sich jedoch nicht ausschließen. Weil sich ein Ansatz gut im Rahmen eines Schöpfungsparadigmas integrieren lässt und letztendlich Interpretationsschwierigkeiten für eine umfassende Evolutionslehre liefert (s.u.), ist er deswegen nicht anti-evolutionär.

2 Dass die Autoren bei der Analyse der verschiedenen Evolutionslinien der Krebstiere bereits eine Stammesgeschichte voraussetzen, macht die Ergebnisse nicht wertlos, nur weil von einer ökologischen Ursache der Fossilabfolge ausgegangen wird. Ob nun eine stammesgeschichtliche oder eine ökologische Erklärung der sukzessiv in Erscheinung tretenden Krebstierordnungen gegeben wird, macht für das Verständnis des hier beschriebenen Schrittes wenig aus: Der Komplexitätszuwachs wird nicht nur deutlich, wenn man alle Ordnungen der Krebstiere als Gesamtheit über das Phanerozoikum hinweg betrachtet, sondern auch, wenn man diese Menge in kleinere Untereinheiten einteilt. Unter der Voraussetzung einer Stammesgeschichte ist diese Unterteilung als separate Betrachtung verschiedener Evolutionszweige zu verstehen. Diese hypothetischen stammesgeschichtlichen Wege werden jedoch auf der Grundlage morphologischer Ähnlichkeiten ermittelt. Man kann die Evolutionslinien daher auch einfach als individuelle Betrachtung von Untereinheiten der Krebstiere ansehen, die aufgrund ihrer Übereinstimmungen im Körperbau zusammengefasst werden. Dabei ist der Trend bezüglich der fossil in Erscheinung tretenden Taxa so stark und durchgehend, dass die Verschiebung zu einem höheren Komplexitätsniveau auch bei der auf dieser Basis durchgeführten Verschmälerung der untersuchten Datenbasis durch Konzentration auf kleinere taxonomische Untereinheiten (Ordnungen des Unterstamms werden verglichen › Ordnungen derselben Klassen werden verglichen) in Erscheinung tritt. Generell belegt dieses Resultat, dass für die fossile Überlieferung der Krebstiere tatsächlich eine systematische Ursache zu erwarten ist und diese (zumindest ungefähr) die Ordnungen im Auge haben sollte.

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Studium Integrale Journal 16. Jg. Heft 1 - Mai 2009